Ein Grafiker zwischen Vergessen und Wiederentdeckung?
»Ich sehe für ihn eine Karriere voraus gleich jener von Aubrey Beardsley, dem Illustrator von King Arthur, dessen Genie mit dem seinen verwandt ist. … Es ist merkwürdig festzustellen, daß zwei ähnliche Begabungen gleichzeitig sich entfalten«, schreibt 1895 Friedrich Warnecke, der Begründer des Berliner Ex-librisVereins.«1
»Man kann die modernen Exlibris schier in zwei Klassen ordnen: erstens Sattler, und zweitens alles Übrige«, urteilt um die Jahrhundertwende der Kunstkritiker Kühl. 2»Seine 19 Zeichnungen sind von einer unbestreitbaren Originalität geprägt«, anerkennt die gewöhnlich mit Lob nicht gerade großzügig umgehende französische Kunstzeitschrift » L‘Art« nach einer 1893 stattfindenden Ausstellung im »Salon de Paris«, der den damals gerade 26jährigen Künstler mit einer »mention honorable« auszeichnet.3
Den, von dem hier die Rede ist, dem eine Zukunft wie Beardsley prophezeit wurde, sucht man heute in Konversationslexika und Kunstenzyklopädien vergeblich. Joseph Kaspar Sattler (1867- 1931) ist vergessen. Zu Recht oder zu Unrecht? Hielt das zeitgenössische Urteil einer Betrachtung aus der Distanz nicht stand, oder hatte eine schnellebige Zeit einfach keinen Platz für diesen Außenseiter? War es zu umständlich, eine passende Schublade für ihn zu finden, die ihn uns im Karteitrog der Klassifizierten und Eingeordneten in die Gegenwart hinübergerettet hätte? Diese Fragen können und sollen hier nicht eindeutig beantwortet werden. Vielleicht aber findet sich zu ihrer tiefergehenden Klärung doch einmal ein Kunsthistoriker, der Sattler eine Monographie widmet, oder ein Studierender der Kunstgeschichte, der – Modetrends hinter sich lassend – ihn als Thema seiner Abschlußarbeit für würdig befindet. [Anmerkung 2023: Das ist zwischenzeitlich geschehen] Reiches Material hierzu böte die SattlerSammlung der Stadt Schrobenhausen, die seit 1978 im historischen Hartl-Turm an der Wehrmauer untergebracht ist.4 [Anmerkung 2023: Die Schrobenhausener Sattler-Sammlung ist seit Jahren im Depot und der Öffentlichkeit nicht zugänglich]
Wenn auch eine Würdigung des Sattlerschen Œuvres aus heutiger Sicht also noch aussteht, so kann dennoch zweifelsfrei festgestellt werden, daß sich eine Beschäftigung mit diesem »Zeichner, Graphiker, Illustrator und Schriftkünstler«, wie die Vielseitigkeit des Künstlers gerne zusammengefaßt wird, äußerst lohnt. Freilich, im ersten Augenblick scheint es schwer, Zugang zu seinem Werk zu finden. Zu fremd sind dem heutigen Betrachter die vorzugsweise im Mittelalter angesiedelten Themen. Wem schon sind die »Wiedertäufer« ein Begriff? Und eine Prachtausgabe der Nibelungensage, vordergründig auch zur Verherrlichung von Chauvinismus und Imperialismus der Wilhelminischen Ära bestimmt, widerstrebt trotz ihres künstlerischen Wertes erfreulicherweise – noch – häufig demokratischem Selbstverständnis der Gegenwart. Das Faszinierende an Sattlers Arbeiten ist jedoch die ungeheure, elementare Phantasie, nicht selten um eine satirische Note angereichert, die trotz aller Zeitbefangenheit des Künstlers ein waches Auge für zeitlos übergreifende Kritik an »Menschlichem-Allzumenschlichem« offenbar werden läßt.
Sattler und Schrobenhausen – biografischer Zufall ohne Folgen
Von allen Künstlern, die in diesem Buch [Anmerkung 2023: gemeint ist das »Schroenhausener Lese- und Bilderbuch«] behandelt werden, bleibt Sattlers Beziehung zu Schrobenhausen die zufälligste, an ausmachbaren Konsequenzen geringste. Er wurde eben hier geboren, weil sich sein Vater gerade für einige Jahre in der kleinen Stadt niedergelassen hatte, ehe er Attraktiveres fand. Dies zeigt sich auch am kunstgeschichtlichen Selbstverständnis Schrobenhausens. Ehe das Museum eröffnet wurde, das so etwas wie eine lokale »Sattler-Renaissance« brachte, rangierte sein Name an letzter Stelle.
Unternimmt man den Versuch, Sattlers Lebensweg zu skizzieren, so stößt man schnell auf Grenzen. Zwar liegt eine leidlich genügende Anzahl »harter« biographischer Fakten vor, doch lassen diese nur ein grobes Raster entstehen, ein zu grobes, als daß der Mensch Joseph Sattler als Individuum aus Fleisch und Blut sinnlich faßbare Konturen annehmen könnte. 5
Joseph Kaspar Sattler wurde am 26. Juli 1867 in Schrobenhausen geboren. 6 Sein Vater, Joseph Sattler, Glas- und Dekorationsmaler, war wohl Ende 1863 von Donaualtheim nach Schrobenhausen gezogen, erwarb das spätere »Engelhard-Haus« (heute Lenbachstraße 68; 1982 abgerissen) und verheiratete sich 1864 mit der Organistentochter Rosalie Lachner. Joseph Sattler sen. scheint ein Mann der Tat gewesen zu sein. Wie anders ließe es sich erklären, daß der Zugezogene, die Gunst der Stunde nutzend, 1870 Bürgermeister der Stadt wurde und dieses Amt drei Jahre innehatte? Doch bereits 1875 zog die Familie Sattler nach Landshut.
Der kleine »Sepp«, wie man ihn wohl gerufen haben mag, verbrachte also seine ersten acht Lebensjahre in Schrobenhausen. Über diese Zeit ist weiter nichts bekannt. Spekulationen, Franz von Lenbach sei der Taufpate Joseph Kaspar Sattlers gewesen, erwiesen sich als Fehlschlag. So reizvoll es auch für Heimatkundler gewesen wäre, dergestalt eine »künstlerische Begegnung« herzustellen, das Geburts- und Taufregister der Stadtpfarrkirche St. Jakob nennt als Paten nur einen Kaspar Geiger aus Dillingen und eine Anna Fuchs. Kontakte des späteren Künstlers zu seiner Geburtsstadt sind nicht nachgewiesen. Man darf wohl mit Georg August Reischl konform gehen, der schreibt, daß Sattler »nur noch spärliche Erinnerungen an die Stadt seiner Kindheit hatte«. 7 Für sein künstlerisches Werk scheint Schrobenhausen jedenfalls lediglich biographische Marginalie.
Auf dem Weg nach oben
Mit Sattlers weiterem Lebensweg beschäftigte sich Ludwig Hollweck, Leiter der Monacensia-Sammlung in München, auf dessen Arbeit die folgenden Zeilen mehrmals Bezug nehmen. 8
Die folgenden Anmerkungen beziehen sich auf das erstgenannte Typoskript.Der Vater, bei dem Joseph Sattler in Landshut zunächst als Anstreicherlehrling tätig war, brachte für die künstlerischen Neigungen seines Sohnes Verständnis auf. Im Jahre 1882 kam der 15jährige nach München, wo er bei dem Genremaler Heinz Heim ersten Unterricht genoß. Mit seinem Lehrer an der Kunstakademie, Gabriel Hackl, kam der Student nur schwer aus. 1886, im Alter von 19 Jahren, mußte Sattler die Akademie aufgrund finanzieller Probleme verlassen. Er malte nun – der Not gehorchend – alles, was Geld einbrachte, ehe er beim zweiten Anlauf in den heil‘gen Hallen der bildenden Künste dann auf einen Lehrer traf, bei dem e mit großer Freude arbeitete: Nikolaus Gysis. »Der temperamentvolle Grieche regte Sattler zu klarer formaler Durcharbeitung an, er zeigte ihm, daß monumentale Kunst nicht an große Flächen gebunden ist, und er führte ihn auch zur damals noch nicht anerkannten Plakatkunst. 9
1891 wird Sattler zusammen mit seinem elsässischen Malerfreund Leo Hornecker an die im Vorjahr gegründete Kunstgewerbeschule Straßburg berufen. In der Rolle des Lehrenden fühlt er sich jedoch nicht wohl; nach einem Semester gibt er diese Tätigkeit auf und arbeitet fortan freischaffend. Zunächst entstehen graphische Blätter und Folgen in »Anlehnung an die alten Meister … Dürer, Holbein, Cranach, Baldung«. 10 Als früheste gedruckte Arbeit wird in der greifbaren Literatur ein unter dem Titel » Die Quelle« 1892 erschienener Bilderbogen mit zwölf Lichtdrucken genannt. 11Hollweck bezeichnet als erstes größeres Werk die nach seinen Angaben 1893 in 100 numerierten Exemplaren herausgegebene Mappe »Bilder aus der Zeit des Bauernkrieges« (30 Blatt in Lichtdruck).12 Zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes und zur Freude seiner Mäzene zeichnet Sattler nun auch reizvolle Exlibris, die ihn bei Sammlern dieser Buchzeichen innerhalb kurzer Zeit international berühmt machen. 1893 stellt der Künstler Zeichnungen im renommierten »Salon de Paris« aus; er erntet Anerkennung und ermutigende Kritik. Diese Erfolge öffnen ihm 1894 die Tore des Berliner Kunstgewerbemuseums, wo er im November ausstellt. Aufträge für die Kunstzeitschrift »Pan« und der zunehmend enger werdende Kontakt zum Verlag von J. A. Stargardt veranlassen Sattler 1895, nach Berlin zu ziehen. 13 Allein in diesem Jahr erscheinen bei Stargardt seine Werke »Bilder vom internationalen Kunstkrieg«, »Die Wiedertäufer« und »Deutsche Kleinkunst in 42 Bücherzeichen«.
Die Kunstzeitschrift »Pan« existierte nur fünf Jahre von 1895 bis 1900. Mit ihr sind Namen wie Otto Julius Bierbaum, Arnold Böcklin, Thomas Theodor Heine und Max Liebermann verbunden. Als Werbemittel für den ersten Jahrgang 1895/96 kreiert Sattler ein Plakat, »das in allen neuen Werken über den Jugendstil jetzt … als beispielgebend erwähnt wird«, wie Ludwig Hollweck betont, der diese Arbeit so beschreibt: »Drei Blütenfäden einer Lotusblume zeichnen das Wort >Pan < in den Himmel, der gehörnte Naturgott lauert im Hintergrund, Spaten und Rechen sollen zu neuer Arbeit rufen.« 14
»Den bedeutendsten Auftrag seines Lebens« erhält Sattler im Jahre 1898. 15 Er wird in die Berliner Reichsdruckerei berufen, »um ein Monumentalwerk deutscher Buchkunst – ›Die Nibelunge‹ – zu schaffen«. 16 Der Künstler zeichnet die Bilder und Initialen, entwirft die Drucktypen und den Einband, kümmert sich um die Wahl des Papiers. Auf der Pariser Weltausstellung von 1900 erhält die Prachtausgabe einen »Grand Prix«. Einzug hielt diese »Nibelunge« mit ihrem äußerst stolzen Preis von 600 Mark nur in außerordentlich betuchten Bibliotheken.17 Im Jahre 1927 erschien eine einfachere, erschwinglichere Ausgabe für 9,80 Mark.
1904 verläßt Sattler Berlin und kehrt nach Straßburg zurück. Seiner Vielseitigkeit entsprechend, entstehen unter anderem graphische Einzelblätter, Exlibris, Buchillustrationen, Buchschmuck, Plakate und Gebrauchsgraphik. Im März 1917 wird Joseph Sattler durch ein Patent des »Kaiserlichen Statthalters in Elsaß-Lothringen« zum Professor ernannt, doch kurz vor dem Einzug der französischen Truppen verläßt der Künstler Straßburg und kehrt nach Bayern zurück.
München und Heinrich Graf
Sattler wohnt nun in München bei seiner Schwester Rosa in der Ainmillerstraße 15/III rechts. Am 19. November 1918 meldet er sich polizeilich an. Obwohl es um ihn nun still geworden ist, arbeitet er weiter. So entstehen bis 1931 noch über 90 Exlibris, die Bücher angesehener Bürger zieren. Einen neuen Impuls beschert Sattler 1924 die Begegnung mit dem heute [Anmerkung: 1982] 84jährigen Kunstkupferdrucker Heinrich Graf. Durch ihn wendet er sich der Radierung zu. Heinrich Graf schreibt darüber im Mai 1934: »Als ich damals den Künstler in seinem bescheidenen Heim besuchte, machte ich ihn auf die Technik der Radierung aufmerksam, besorgte ihm auch einige Kupferplatten und präparierte diese. Nach einigen Tagen brachte er mir eine Platte, auf der sein Monogramm, umgeben von mindestens tausend Köpfen, prangte. Ich hatte mich damals bereit erklärt, seine Platten zu ätzen: als ich aber die mühevolle Arbeit sah, verlor ich fast den Mut. Denn ich wollte es nicht auf mich nehmen, eine solche Arbeit möglicherweise zu verätzen, und bat den Künstler, vorerst mit einer einfacheren Arbeit zu beginnen.
Das tat er, und die Ätzung fiel zu unserer Zufriedenheit aus, was der sofort hergestellte Probedruck bewies. Der Tod, welcher mit der linken Hand schreibt, wurde dann als >erste< Radierung bezeichnet, und wir nannten sie nur die >Zwanzig-Minuten-Ätzung<. Der Künstler fand große Freude an der Technik, und auch ich bekam im Ätzen größere Sicherheit. In der Folge habe ich alle Platten Sattlers selbst geätzt und manches dabei gelernt. Es entstanden nach und nach eine Anzahl von Exlibris, auch Gelegenheitsgraphik, die er teils von seinen Freunden und Gönnern in Auftrag bekam, teils konnte ich ihm aus meinem Kunden- und Freundeskreise mehrere kleine Aufträge vermitteln. Mein Bemühen ging dahin, den Künstler zu einem größeren Werke anzuregen, und so entstand für das Lutherjahr: >Zehn Bilder aus Dr. Martin Luthers Leben<. Diesem sollte das Werk >Helden und Burgen der Reformation< folgen; doch entstanden dafür nur zwei Platten, denn am 12. Mai 1931 nahm der Tod dem Künstler den Griffel aus der nimmermüden Hand und vereitelte alle weiteren Pläne.« 18
So wurden die »Zehn Bilder aus Doctor Martin Luthers Leben«, 1929 als Handpressenkupferdruck von der Graf-Presse hergestellt und verlegt, das letzte größere Werk, das zu Sattlers Lebzeiten erschien. Heinrich Graf blieb dem Künstler jedoch auch nach dessen Tode treu. In drei Teilen verlegte er 1934 posthum Sattler-Radierungen, die in den Jahren der Zusammenarbeit entstanden waren.
Die Zäsur
Betrachtet man das Leben Joseph Kaspar Sattlers zusammenfassend, so fällt eine tiefe Zäsur auf: der Erste Weltkrieg und der Zusammenbruch des Kaiserreichs. Vor 1914 der erfolgreiche, geschätzte, anerkannte Künstler, nach 1918 der vergessene, unverstandene, verbitterte Künstler. Mag dieser Gegensatz vielleicht auch etwas zu kraß formuliert sein, die wenigen vorhandenen Anhaltspunkte scheinen auf einen Menschen zu deuten, der sich in der Zeit der Republik nicht mehr zurechtfand. Eine jener tragischen Figuren, wie sie Joseph Roth in seinen Romanen zeichnet? Ein Unschuldiger, oder ein Schuldiger? Zweifelsohne war Sattler ein bürgerlicher Künstler, weder Bohemien noch Avantgardist, sondern einer, der in der Welt des kaiserlichen Deutschlands zuhause war, darin seine Identität hatte. Ebensowenig dürften Zweifel bestehen, daß für Sattler als Kind seiner Zeit Begriffe wie Deutschtum und Vaterland einen Stellenwert besaßen, den heute in dieser Form zu akzeptieren die Geschichte uns unmöglich gemacht haben sollte. Keinesfalls aber repräsentierte Sattler jenen »gefährlich übersteigerten Nationalismus«, 19 der in den Abgrund führte; keinesfalls war er ein platt-fanatischer Propagandist deutschen »Weltmachtstrebens«, eines »Größeren Deutschlands« Rohrbachscher Prägung, mögen auch Arbeiten von ihm in diesem Sinne eingesetzt und interpretiert worden sein. Dies zu konstatieren, genügt ein Blick auf sein Werk. Dafür ist es zu differenziert, zu gut. Als Künstler lebte Sattler in einer Welt, die mit den gesellschaftlich-politischen Verhältnissen des Wilhelminismus zwar nicht unbedingt vollkommen identisch war, mit ihnen aber in Übereinklang stand. Die Republik bot diesen Rückhalt nicht mehr. Die Umwälzung entläßt den eher unpolitisch anmutenden Sattler in eine neue Realität, in der er sich als dreifach Heimatloser wiederfindet: künstlerisch, geistig und geographisch.
»Er lebte sehr zurückgezogen; seine ihm lieb gewordene Wahlheimat, das Elsaß, und vor allem sein Straßburg hat er schweren Herzens verlassen, … und damit verlor er auch den Kreis seiner Freunde und Gönner, die überallhin zerstreut wurden, soweit sie nicht Franzosen wurden. … Einige seiner Straßburger Freunde suchten ihn zur Rückkehr zu bewegen, aber er konnte es nicht über das Herz bringen, sein geliebtes Straßburg in französischen Händen zu wissen. Darunter litt er sehr«, erinnert sich Heinrich Graf. 20 So recht heimisch werden konnte also Sattler in München nicht mehr. »Joseph Sattler war ein sehr liebenswürdiger Mensch!« betont Graf. 21 In das Privatleben des Künstlers gewann der Kupferdrucker jedoch kaum Einblick. »Er soll aber häufig und viel getrunken haben, ist mir erzählt worden.« 22 Graf sieht darin auch eine Erklärung dafür, warum im Spätwerk die Darstellung des Todes eine besondere Rolle spielt.23 Angetrunken soll Sattler nachts in niedergeschlagener Stimmung sich immer wieder mit diesem Motiv beschäftigt haben. Wenn sich auch kein expliziter Hinweis finden läßt, so liegt dennoch der Schluß nahe, daß Sattlers Krankheit und Tod zumindest mittelbar mit seinem Alkoholkonsum zusammenhängen. Von den letzten Lebenstagen ist überliefert: »Graf wollte den Künstler besuchen, … doch die Schwester erklärte, es gehe ihrem Bruder nicht gut. Am nächsten Tag, als Graf wieder kam, war Sattler bereits ins Schwabinger Krankenhaus eingeliefert worden. Auch dort besuchte der Drucker den Künstler und brachte einen neu gefertigten Druck mit. Sattler betrachtete die Arbeit und lobte sie, doch Graf hatte bemerkt, daß der Kranke das Blatt verkehrt gehalten hatte. Im nächsten Moment wollte Sattler mit Graf den Raum verlassen: >Gehn wir in die Werkstatt<, sagte der Kranke und stand auf, suchte seinen Kragen, griff nach dem Kragenknöpferl und langte, ohne dies zu bemerken, in die Zuckerdose. >Da war mir klar, wie schlimm es mit ihm stand<, sagt Graf dazu. Am nächsten Tag wollte er noch einen Besuch im Krankenhaus machen, doch er kam zu spät. Sattler war kurze Zeit vorher gestorben.« 24
Ein »archaisierender« oder ein »sattlernder« Sattler
»Für sein Kunstschaffen und für seine Kunstauffassung hatte man in der Republik wenig Verständnis. Dies tat dem Künstler oft bitter weh. … Die Scheinblüte der Kunst in der Inflationszeit und der schnellebige moderne Zeitgeist waren ihm ein Greuel. Er zog sich mehr und mehr in sich selbst zurück«, notiert Heinrich Graf. 25
Welcher Art nun war diese Kunstauffassung? Hierzu seien einige zeitgenössische Meinungen zitiert. Als erster Zeuge Sattler selbst: »Es reizte mich vor allem der alte Holzschnitt-Stil, den ich bei alten Darstellungen mit großer Liebe verfolgte. Wenn auch manchmal bei alten Holzschnitten die Zeichnung darunter litt, so ist doch die Behandlung dieser Blätter mit dem Schneide-Messer karakteristisch. Die Verbindung harter Züge mit vorsichtiger Freiheit war mir höchst interessant.« 26 Hier wurzelt eine Kontroverse: Ist Sattler nun ein – handwerklich zwar hervorragender – Nachahmer des Dürerschen oder Holbeinschen Holzschnittstils, oder besitzt er Originalität? Der Berliner Kunstkritiker Daniel Greiner verteidigt im Jahre 1903 den gerade 36jährigen Künstler so: »Es konnte nicht ausbleiben, daß bei solch hingebendem Studium es unser Künstler zu ähnlicher Meisterschaft in der Beherrschung der Holzschnitt-Technik der Alten brachte, wie sein Landsmann Lenbach auf dem Gebiete der Öl-Malerei. Indes bewahrte ihn seine selbständige Art, bei bloßer Nachahmung stehen zu bleiben und in Archaismus unterzugehen. Jene glänzende Epoche deutscher Kunst wurde für ihn zwar Meisterin, aber er wußte diese selbstgesetzte gefährliche Schranke zu überwinden und, den Stil der Alten fortentwickelnd, zu einem eigenen Stil zu gelangen. Schon die am auffallendsten altmeisterlich gezeichneten Bilder aus dem Bauern-Kriege zeigen die keimende Eigenart Sattler’s auch in diesem Punkte. >Ganz die Art der alten Meister!< >Und doch nicht ganz!< So zeichneten die alten Meister nicht. Vor allem fehlt die naive Art der Alten, man sieht schon diesen Blättern an, daß ein moderner Mensch sie gezeichnet hat.« 27 Und Kühl sieht etwa zur gleichen Zeit einen Entwicklungsprozeß: »Gewiß archaisiert Sattler. Gewiß wimmelt es in seiner Phantasie von alten Burgen und Verließen, von Folterwerkzeugen und eisenbeschlagenen Türen, von siegelbehangenen Urkunden und Scharteken.« Doch habe ihn »der unbekannte Geist seines Innern« … » mit der Zeit völlig von allem Altertümeln frei gemacht«. Daß Sattlers Illustrationen zu Heinrich Boos‚ »Geschichte der rheinischen Städtekultur« (Berlin 1897-1901) von Kritikern erneut des Archaisierens geziehen wurden, erscheint Kühl »schlechterdings unbegreiflich«. Er meint: »Wer so urteilt, hat den Stil der Alten vergessen und begeht ein einfaches Quidproquo: er hat sich aus Sattlers früheren Werken eine Vorstellung von der mittelalterlichen Welt angeeignet und nimmt nun das Persönliche in seinem Stil, der sich hier sozusagen ganz abstrakt gibt, ohne weiteres für archaisch. Wie kann man nur angesichts dieser durchsichtigen, frei komponierten, weiträumig gedachten Rundbilder den Eindruck haben, daß der Künstler darin dürert oder holbeint. Keine Spur. Er sattlert in diesem Werk, das ist alles.« 28
Daß Sattler in der Welt des Mittelalters zu Hause war, zeigt bereits ein erster flüchtiger Blick auf sein Werk mit hinreichender Deutlichkeit. Greiner stellt fest:» Der Künstler hat etwas von einem Geschichtsforscher in sich. … Auch hierin leistet er Hervorragendes. Es ist wohl kein Künstler so innig vertraut mit den Kultur-Verhältnissen des deutschen Mittelalters und der Renaissance wie der Schöpfer der ‚Bilder aus dem Bauernkrieg‘, der ‚Wiedertäufer’…« 29 Sattlers düstere Weltschau, durch das satirische Element eher betont als abgemildert, kommt hier voll zur Geltung. Er »schildert das Leben von seiner rauhen Seite, den wildtosenden Kampf, den Schrecken und das Entsetzen, die Macht des Todes«. 30 Von den Blättern » Kalktaufe«, »Münsterisch Straßenleben« und »Das Wort ist Fleisch geworden und wohnet in uns« aus den »Wiedertäufern« schwärmt Kühl: »Welche Phantasie hat diese Menschen erschaut, die sich zwischen Himmel und Erde an ein paar Leitern emporarbeiten, und von der heißen Flüssigkeit getroffen, wie Würmer in sich zusammen kriechen! … Die Szene ist hell gehalten, keine kleinste dunkle Partie, die zur Hebung der Lichter dienen könnte, und doch brennt einem das Weiß des Kalkes geradezu in den Augen. Man meint, ihn auf dem eigenen Rücken zu fühlen. Von gleicher Grandiosität ist das dunkler gehaltene Blatt, das die Verhungernden in den Straßen Münsters zeigt, wie sie da herumhocken und -stehen und -liegen, die Armen, aus deren lemurenhaften Gesichtern jeder Lebensausdruck, selbst der Haß geschwunden ist.« Das dritte Bild schließlich >zeigt den vertierten König<, auf vier Tatzen gehend, aber mit menschlichem Kopf, in einer Haltung, die eine leise Erinnerung an den grasfressenden Nebukadnezar wachruft. Doch trägt dieser hier die Bibel im Maul. Unter seinem Mantel, der vorzüglich sein Hinterteil deckt, sieht man das kleine Volk an den Sphinxbrüsten hangen. Der unmittelbare Eindruck ist der einer ekelhaften Blödigkeit, die auch deutlich aus seinen Augen hervorschaut; zugleich aber eine verschwommene und unehrliche Vorstellung von Würde. … gerade in den ernstesten und fürchterlichsten Bildern klingt ein grausiges Lachen durch. Ob dem Zeichner selber einmal unheimlich zu Mute geworden ist in dieser lrrenanstalt?« 31
Sattler und die Kleinkunst
Neben den großen Arbeiten mit den vorwiegend mittelalterlichen Themen – Federzeichnungen, Pinselzeichnungen, getuschte Bilder, Holzschnitte und Radierungen, viele von ihnen als Zyklen unter Anwendung des Lichtdrucks, des Kupferdrucks, der Photogravur in Mappen oder in Buchform veröffentlicht – nimmt in Sattlers Werk die sogenannte Kleinkunst einen bedeutenden Platz ein: Buchillustrationen, Buchschmuck (Vignetten, Initialen, Ornamentik mit Streifen, Bändern, Schnitzeln, Spänen, Splittern), Signets und natürlich Exlibris. Greiner und Kühl kommen hier zu ähnlicher Einschätzung. Der eine: »Man weiß nicht, was man an Sattler’s Fantasie mehr bewundern soll: ihre Tiefe oder ihre oft geradezu überraschende Originalität oder ihre eminente Vielseitigkeit. Sie ist immer frisch, lebendigsprudelnd, wie ein unversieglicher Berg-Quell. Ihr Reichtum zeigt sich namentlich in einer Fülle kleiner Zeichnungen, Vignetten, Leisten, Initialen, Signets und Bücher-Zeichen. Immer wieder eine neue, reizvolle Idee, manche, und nicht wenige, sind wahre Kostbarkeiten zeichnender Kleinkunst. Sehr häufig begegnet der menschliche Kopf in immer anderen Variationen … Er kann sich gar nicht genug thun, immer wieder Köpfe zu zeichnen, und bedeckt ganze Blätter mit zahllos scheinenden Köpfen und zwingt ihre Mannigfaltigkeit zum Ornamente.« 34
Besondere Anerkennung erwarb sich Sattler bei seinen Zeitgenossen mit seinen Exlibris. Die »Zeitschrift des Ex-libris-Vereins zu Berlin« stellt – besonders in den Jahren 1893 bis 1906 – immer wieder Sattlers neue Buchzeichen vor und bespricht sie meist mit ausgesprochener Euphorie, diese »genialen Kompositionen des jungen Meisters«. 35 »In eleganter Mappe«, für 40 Mark, erscheint 1895 bei J. A. Stargardt »Deutsche Kleinkunst in 42 Bücherzeichen«.36 Noch im gleichen Jahr folgt die englische Ausgabe »Art in Book-Plates. Forty two original Ex-Libris designed by Joseph Sattler«. Exlibris des Künstlers sind zwischen 1898 und 1906 unter anderem in London, Straßburg, Wien, Berlin und München zu sehen. 37 Die Bücherzeichen-Kundschaft Sattlers rekrutiert sich aus Hochadel, Adel und Geldadel, Bürgern und Künstlern. Vertreten sind beispielsweise auch »Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Auguste Victoria« und Philipp Graf zu Eulenberg. Buchzeichen wie auch andere Beispiele Sattlerscher Kleinkunst sind nicht selten vom Jugendstil geprägt. Einigen Exlibris ist anzusehen, daß es auch Geschmack und besondere Wünsche des erlauchten Auftraggebers zu berücksichtigen galt. Nicht immer konnte der Künstler so »sattlern«, wie er es wohl gerne gewollt hätte. Derlei Zwängen enthob er sich mitunter durch ExlibrisZeichnungen, hinter denen kein Besteller stand, die gar nicht den Zweck eines Buchzeichens erfüllen sollten, sondern sich lediglich der Form eines solchen bedienten. Beispiele dieser Art enthält auch die Mappe »Deutsche Kleinkunst in 42 Bücherzeichen«. Über derart Afunktionales freilich rümpften Exlibristen die Nase. Daß Sattlers Exlibris-Skizzen im »Durcheinander« (Berlin 1897) »wirkliche Exlibris« sind, bezeichnet ein Anonymus als »entscheidenden Fortschritt«. 38
Einigkeit herrscht unter den Zeitgenossen, was die in jenen Jahren gerade auflebende »Exlibris-Bewegung« Joseph Sattler verdankt. Er hat bei den Buchzeichen »auf den heraldischen Zopf verzichtet und damit für die dekorative Fassung neuer stofflicher und ornamentaler Einfälle freie Luft geschafft«, stellt Kühl fest. 39 Der Exlibris-Forscher und Sammler Walter von zur Westen schreibt: »Erst Joseph Sattlers Bucheignerzeichen haben die schöne alte Exlibrissitte einer großen Gemeinde von Kunstfreunden nahegebracht und haben Anstoß gegeben, daß die Exlibriszeichnung sich aus einer Domäne heraldischer Künstlerspezialisten zu einem weiten Schaffensgebiet für die Künstler der verschiedensten Richtungen erweitert hat.« 40
Sattlers Mappen und Bilder
Eine Bibliographie von Sattlers Mappen und in Buchform veröffentlichten Graphik-Zyklen sowie der von ihm illustrierten und geschmückten Bücher fehlt bis heute. Die folgende Zusammenstellung, die keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, versucht, wenigstens einen kleinen Überblick zu geben. Als Quellen dienten in erster Linie Titelverzeichnisse des Verlages von J. A. Stargardt, Berlin, in den Sattler-Werken »Die Wiedertäufer« und »Bilder vom internationalen Kunstkrieg«, der Katalog der Bayerischen Staatsbibliothek, München, und die in den USA erscheinende Bibliographie »The National Union Catalog«. Eingeklammerte Jahreszahlen weisen darauf hin, daß es sich nicht um eine Erstausgabe handelt. In Anführungszeichen gesetzte Angaben sind wörtlich den genannten Titelverzeichnissen von Stargardt entnommen.
1892
Die Quelle. 12 satyrische Blätter
12 Lichtdrucke in Gross-Folio.
Verlag von J. A. Stargardt, Berlin
1892 oder 1893
Bilder aus der Zeit des Bauernkrieges
30 Blatt in Lichtdruck. Limitierte und numerierte Ausgabe in 100 Exemplaren. (Nach Kühl 1892, nach Hollweck 1893 erschienen, vgl. Anm. 12.)
Verlag von J. A. Stargardt, Berlin
1893
Une cure merveilleuse
Kurzgeschichte, illustriert von Joseph Sattler
ohne Ort
1893–96
zusammen mit Charles SPINDLER: Elsaesser Bilderbogen. Images alsaciennes
1.-3. Jahrgang.
F. X. de Roux & Co., Straßburg
1894
Ein moderner Todtentanz
»13 zum Theil farbige Heliogravuren. Folio. In art-linen-Originaleinband.« Verlag von J. A. Stargardt, Berlin
1894
A Modern Dance of Death
(Englische Ausgabe von Ein moderner Todtentanz.)
H. Grevel & Co., London
1895
Friedrich SARRE: Die Berliner Goldschmiede-Zunft
Mit einem Titelblatt von Joseph Sattler.
Berlin
1895
Deutsche Kleinkunst in 42 Bücherzeichen
Mit einem Vorwort von Friedrich Warnecke
»42 Original-Ex-libris, meist in prächtigem Kunstfarbendruck. Folio. In Originalmappe.«
Verlag von J. A. Stargardt, Berlin
1895
Art in Book-Plates. Forty two original Ex-libris designed by Joseph Sattler. With an introduction on artists, literature and collectors of Ex-libris in England, the United States, Germany and France by Frederick Warnecke
(Englische Ausgabe von Deutsche Kleinkunst in 42 Bücherzeichen.)
H. Grevel & Co., London
1895
Bilder vom internationalen Kunstkrieg. La guerre des peintres. Artists on the war-path
J. A. Stargardt, Berlin
1895
Die Wiedertäufer
Es erschienen folgende Ausgaben:
»1 Originalradierung und 29 Blätter in Lichtdruck und Holzschnittmanier. Folio.
Liebhaber-Ausgabe auf altjapanischem Papier, enthaltend drei Originalradierungen und 27 Blätter in Lichtdruck und Holzschnittmanier. Nur in 100 in der Presse numerierten Exemplaren gedruckt. Grossfolio.«
Verlag von J. A. Stargardt, Berlin
1896
Meine Harmonie
6 Blätter, 10 Tafeln. In Mappe. Verlag von J. A. Stargardt, Berlin
1896
Georg FUCHS (Hrsg.): Das Werk des Malers Heinz Heim
Mit Titelzeichnung und Initialen von Joseph Sattler.
Verlag von J. A. Stargardt, Berlin
1897
Durcheinander. Allerlei Zeichnungen und Skizzen von Ex-libris, Titelblätter, Zierleisten, Vignetten usw. im Laufe der letzten Jahre gefertigt von Joseph Sattler
Verlagsbuchhandlung Stargardt, Berlin
1897-1901
Heinrich BOOS: Geschichte der rheinischen Städtekultur von den Anfängen bis zur Gegenwart mit besonderer Berücksichtigung von Worms
Mit Zeichnungen von Joseph Sattler.
J. A. Stargardt, Berlin
1900
REICHSDRUCKEREI (Hrsg.): Die Nibelunge
Gestaltet und illustriert von Joseph Sattler.
Berlin
1904
Die Nibelunge
Text der Hohenems-Münchener Handschrift A des Nibelungenliedes nach der Ausgabe von Karl LACHMANN.
Illustriert von Joseph Sattler.
Stargardt, Berlin
1905
Légendes d‘Alsace, in: Revue Alsacienne Illustrée (hrsg. von Charles SPINDLER), 7. Jahrgang.
Illustrationen von Joseph Sattler. 46 Blätter mit Abbildungen, 15 Tafeln. Strasbourg
(1912)
Ein Moderner Totentanz in 16 Bildern gezeichnet
16 farbige Heliogravuren; 2 Blätter, 16 Tafeln.
Zweite, vermehrte Auflage
Stargardt, Berlin
1917
Ostergruß der Kaiser Wilhelms Universität Straßburg an ihre Studenten im Felde
Zusammengestellt und herausgegeben von der Kriegsstelle der Universität Straßburg durch Joh. FICKER. Den Schmuck des Buches schuf Joseph Sattler.
Straßburger Druckerei und Verlagsanstalt, vorm. R. Schultz & Co., Straßburg
1927
Die Nibelunge
Einfache Volksausgabe nach der Prachtausgabe der Reichsdruckerei aus dem Jahre 1900.
Deutsche Buchgemeinschaft, Berlin
(1929)
Will VESPER: Tristan und lsolde. Parzival. Ein Liebes- und Abenteuerroman
Mit Bildern von Joseph Sattler.
188. Tausend
Die Bücher der Rose
Wilhelm Langewiesche-Brandt. Ebenhausen bei München
1929
Zehn Bilder aus Doctor Martin Luthers Leben
Handpressenkupferdruck in 400 numerierten Exemplaren. 22 Blätter.
Druck und Verlag der Graf-Presse, München
1932
Joseph Sattlers letzte Arbeit
Zwei fertige Platten – Goetz von Berlichingen und Sebastian von Rotenhahn –aus dem geplanten Werk Helden und Burgen nach dem Tode des Meisters herausgegeben von Heinrich GRAF.
Graf-Presse, München
1934
Radierungen. 1. Teil
Mit einem Vorwort von Heinrich GRAF
Gedruckt und verlegt von der Grafpresse-München
1934
Radierungen. 2. Teil
Mit einem Vorwort von Heinrich GRAF.
Gedruckt und verlegt von der Grafpresse-München
1934
Kaltnadelradierungen. 3. Teil
Mit einem Vorwort von Heinrich GRAF.
Gedruckt und verlegt von der Grafpresse-München
(1936)
Ernst von WILDENBRUCH: Das Hexenlied
Buchschmuck von Joseph Sattler.
13.-15. Tausend
Grote, Berlin
ohne Jahr (vor 1896)
Merkbuch des Ritters Hans von Schweinichen
Mit einem Titelblatt von Joseph Sattler.
ohne Ort
ohne Jahr
Hans Jakob Christoffel von GRIMMELSHAUSEN: Simplicius Simplicissimus
Bilder, Initialen und Vignetten von Joseph Sattler.
ohne Ort
ohne Jahr
Exlibris. Neue Folge
20 ein- und mehrfarbige Handpressen-Kupferdrucke.
0. Wiegand, Leipzig
Nachbemerkung
Dieser Text erschien erstmals 1982 im „Schrobenhausener Lese- und Bilderbuch“ unter dem Titel „Joseph Kaspar Sattler. Ansätze zu einer Spurensicherung“. Die damalige Rechtschreibung wurde beibehalten. An wenigen Stellen finden sich Anmerkungen mit dem Stand 2023 in eckigen Klammern. Die Illustrationen wurden um zwei Abbildungen ergänzt. Die Reproduktionen stammen – soweit nicht anders angegeben – aus der Sammlung des Autors.
- Art in Book-Plates. Forty two original Ex-libris designed by Joseph SATTLER. Darin: Einleitung von Frederick WARNECKE. London 1895, p. 4. Der Originaltext lautet: »I foresee for him a career similar to that of Aubrey Beardsley, the illustrator of King Arthur, whose genius is akin to his. … lt is curious to note, that two geniuses of a similar kind have risen simultaneously.«
- KÜHL: Sattler. In: Rudolf KAUTZSCH (Hrsg.): Die neue Buchkunst. Studien im In- und Ausland. Weimar 1902, S. 169-187. Dieses Zitat nach S. 182.
- Vgl. Anm. 1. Der Originaltext lautet: »Ses dix-neuf dessins sont empreints d’une incontestable originalité.«
- Die Entstehung dieses im Oktober 1978 eröffneten Museums ist der Initiative von Hanns Schultes, damals Kulturreferent des Stadtrates, zu verdanken, der von dem jahrzehntelang seitens der Stadt mißachteten Angebot des Münchener Kunstkupferdruckers Heinrich Graf erfolgreich Gebrauch machte, dessen umfangreiche Sammlung Sattlerscher Werke in das Eigentum der Kommune zu überführen. Damit konnte verhindert werden, daß diese Arbeiten Sattlers dem freien Kunstmarkt anheimfielen und so in alle Winde verstreut worden wären. Vgl. hierzu: Franz Josef MAYER: Sattler-Sammlung im Hartl-Turm eröffnet. In: Schrobenhausener Zeitung, Jg. 130, Nr. 236 (18. Oktober 1978), S. 11, 14.
- Handschriften und Briefe Sattlers, im Besitz der Stadt München und bislang kaum ausgewertet, konnten zur Abfassung dieses Beitrages nicht herangezogen werden.
- Zu Sattlers Kindheit in Schrobenhausen sei verwiesen auf:
Georg August REISCHL: Schrobenhausen, sein altes Handwerk. Schrobenhausen 1967 (vergriffen), S. 159-160.
Benno BICKEL: Joseph Kaspar Sattler – ein Sohn Schrobenhausens. In: Schrobenhausener Zeitung, Jg. 130, Nr. 235 (17. Oktober 1978), S. 14, und Nr. 236 (18. Oktober 1978), S. 11.
Benno BICKEL/Thekla Maria POLLINGER (Hrsg.): Schrobenhausener Ansichten. Eine Stadt in alten Postkarten. Schrobenhausen 1980, S. 93.
Werner VITZTHUM: Geburtshaus am Oberen Tor. Joseph Sattler sen. als Bürgermeister Schrobenhausens. In: Schrobenhausener Zeitung, Jg. 133, Nr. 108 (12. Mai 1981), S. 16. - Georg August REISCHL. a.a.0., S. 160.
- Hollwecks – inhaltlich weitgehend identische – Arbeiten dazu sind:
Ludwig HOLLWECK: Joseph Sattler. Zeichner, Graphiker, Illustrator, Schriftkünstler. (Typoskript) o. 0., o. J.
Ludwig HOLLWECK: Joseph Sattler. Ein Wegbereiter des Jugendstils. In: Münchner Stadtanzeiger, Jg. 1979, Nr. 5 (19. Januar 1979), S. 4.
Ludwig HOLLWECK: Joseph Sattler. Ein Wegbereiter des Jugendstils. In: Münchner Stadtanzeiger, Jg. 1981, Nr. 88 (17. November 1981), S. 4.
Ludwig HOLLWECK: Joseph Sattler – ein Wegbereiter des Jugendstils. In: München Mosaik, Jg. 7, Heft 11 (November 1981), S. 16-17. - Starken Eindruck hinterließen auch die Arbeiten von Rudolf Seitz und Wilhelm von Dietz, denen sich Sattler verbunden fühlte.«Ludwig HOLLWECK, a. a. 0., S. 1.
- Ebd., S. 3
- Vgl. KÜHL, a. a. 0., S. 173-174, 175.
- Vgl. Ludwig HOLLWECK, a. a. 0., S. 2. KÜHL, a. a. 0., S. 175, datiert dieses Werk auf 1892.
- Der Verlag von J. A. Stargardt verlegte bereits Die Quelle (1982) und Bilder aus der Zeit des Bauernkrieges (1892 oder 1893), worauf eine Verlagsanzeige in Bilder vom internationalen Kunstkrieg (1895) hinweist.
- Ludwig HOLLWECK, a. a. 0., S. 2.
- Ebd., S. 2.
- Ebd., S 3.
- Um eine Vorstellung von der Höhe des Preises der »Nibelunge« zu geben, seien folgende Vergleichswerte angeführt: Kammergerichtsrat Wilhelm Dietzen, Vater des Schriftstellers Hans Fallada, bezog 1899 ein Monatsgehalt von 450 Mark. (Vgl. Werner LIERSCH: Hans Fallada. Sein großes kleines Leben. Düsseldorf und Köln 1981, S. 22.) Ein Schlosser der Lokomotivfabrik Maffei, München, verdiente in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts bei 57 Arbeitsstunden pro Woche monatlich 125,40 Mark. (Vgl. Kurt MARTIN: Die Deutsche Lokomotivbauindustrie, Inaugural-Dissertation, Berlin 1913, S. 105ff.)
- Heinrich GRAF im Vorwort zu: Joseph SATTLER: Radierungen. I. Teil. Grafpresse München 1934
- Ein Terminus von F. GLUM; zit. nach Franz GRESS: Nationalismus. In: Handlexikon zur Politikwissenschaft, Band 2, Reinbek 19807, S. 258.
- Heinrich GRAF, a. a. O.
- Zit. nach Franz Josef MAYER, a. a. O.
- Zit. nach Günther HASTREITER/Franz Josef MAYER: Auf den Spuren von Joseph Kaspar Sattler. In: Schrobenhausener Zeitung, Jg. 133, Nr. 108 (12. Mai 1981), S. 16. Auch die folgenden Zeilen über Sattlers Affinität zum Alkohol, seine Krankheit und seinen Tod basieren auf Angaben aus diesem Zeitungsartikel.
- Der Kunstkritiker Dr. Daniel Greiner konstatiert das Todesmotiv allerdings schon 1903, spricht von Sattlers »stark pessimistisch angehauchte(r) Welt-Betrachtung«, von seinem »düsteren Pessimismus«. Vgl. dazu Daniel GREINER: Joseph Sattler und seine Werke. In: Deutsche Kunst und Dekoration. Band 11 (1903), S. 433-444.
Die in dieser Anmerkung zitierten Urteile nach S. 442 und 440. - Günther HASTREITER/Franz Josef MAYER, a. a. 0.
- Heinrich GRAF, a. a. 0.
- it. nach Daniel GREINER, a. a. 0., S. 434-435
- Ebd., S. 435.
- KÜHL, a. a. 0., S. 184-185.
- Daniel GREINER, a. a. 0., S. 436.
- Ebd., S. 442.
- KÜHL, a. a. 0., S. 177, 178, 179.
- Daniel GREINER, a. a .0., S. 437.32 Und der andere: »Ich nannte Sattler einen Epigrammatiker. Und wenn man seine Bücherzeichen und die unzähligen anderen Einzelblätter, Büchertitel, Geschäftskarten, Speisezettel, Festprogramme überblickt, so kommt man zu der Überzeugung, daß hier, in der geistvoll erfaßten dekorativen Kleinkunst, seine eigenste Domäne liegt.«33 33KÜHL, a. a. 0., S. 183.
- Dieses Lob bei Friedrich WARNECKE: Neue Ex-libris-Litteratur. In: Zeitschrift des Ex-libris-Vereins zu Berlin, Jg. 1894, S. 121.
- Vgl. Titelverzeichnis Joseph Sattler’s Werke. Verlag von J. A. Stargardt in Berlin. In: Joseph SATTLER: Die Wiedertäufer, Berlin 1895.
- Vgl. Zeitschrift des Ex-libris-Vereins zu Berlin, div. Jg.
- Vgl. anonymen Beitrag in: Zeitschrift des Ex-libris-Vereins zu Berlin, Jg. 1897, S. 19.
- KÜHL, a. a. 0., S. 183.
- Walter VON ZUR WESTEN: Berlins Graphische Gelegenheitskunst, Berlin 1912.