Geschichte der Neuburger Presse von 1918 bis 1951

Die erste Nummer der „Neuburger Nationalzeitung“ – Beispiel für eine völlig gleichgeschaltete Presse

Die Geschichte der Presse führt oft ein Schattendasein in der Orts- und Regionalgeschichte. Zu Unrecht. Denn lange Zeit war die Presse politisch, ja parteipolitisch geprägt, die Publikationen beeinflussten die Leser, in unserem Landkreis im genannten Zeitraum oft im konservativen oder gar nationalsozialistischen Sinn.

Im Jahr 2008 präsentierte das Neuburger Stadtmuseum in enger Zusammenarbeit mit dem Neuburger Stadtarchiv und der Katholischen Universität Eichstätt die Ausstellung „Umbrüche. Leben in Neuburg und Umgebung 1918 bis 1948“. Begleitend zur Ausstellung, die vom 28. März bis 5. Oktober 2008 im Stadtmuseum und im Neuburger Schloss zu sehen war, ist ein umfangreicher Katalogband erschienen. der nicht nur die wichtigsten Exponate der Ausstellung dauerhaft festgehalten hat, sondern gleichzeitig über zahlreiche Aufsätze tiefe Einblicke in diesen Zeitraum  gewährt.

Der Band präsentiert Aufsätze zum Beispiel zu Themen wie Stadtentwicklung, Novemberrevolution, Parteien und politische Bewegungen in der Weimarer Republik, die Stellung der Arbeiterbewegung in einer wenig industriell geprägten Stadt, den Aufstieg des Nationalsozialismus, die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs, die Zwangsarbeit, den Einmarsch der Amerikaner und die Entnazifizierung. Die Entwicklung Neuburgs in diesem Zeitraum ist oft  symptomatisch für andere bayerische Kleinstädte und deshalb weit über lokale Grenzen hinaus interessant.

Der Band ist inzwischen vergriffen. Das Stadtarchiv hat daher einige Aufsätze freigeschaltet und damit für alle nutzbar gemacht. Zum Schluss dieses Überblicks verlinken wir auf den Aufsatz zur Neuburger Pressegeschichte.

Auch heute sind Tageszeitungen politisch nicht völlig neutral: Sie lassen sich in der Regel in ein politisches Spektrum einordnen, doch steht meist ein selbst gestecktes Ziel der objektiven Berichterstattung im Vordergrund. Anders noch in der Weimarer Republik, hier war die Tagespresse zum großen Teil parteipolitisch oder weltanschaulich bestimmt oder doch geprägt. So bekannte sich das Neuburger Anzeigeblatt mit der höchsten Auflage in Stadt und Bezirk ausdrücklich zur Bayerischen Volkspartei (BVP), einer katholischen Partei, die zunächst die Weimarer Koalition unterstützte, jedoch auch viele monarchische Elemente in sich trug und schließlich 1933 auch für das Ermächtigungsgesetz stimmte.

Auch andere, zum Teil nur kurzfristig erschienene Pressepublikationen, waren parteipolitisch geprägt:  so die Neuburger Freie Zeitung des Bayerischen Bauernbundes oder die Schwäbische  Volksstimme der Nationalsozialisten. Gegen Ende der Weimarer Republik versuchte der nationalsozialistische Donaubote aus Ingolstadt in Neuburg Fuß zu fassen – mit dem Ergebnis, dass die zweite Neuburger Zeitung, die Neuburger Neuesten Nachrichten, sich den Nationalsozialisten öffneten. Das Jahr 1933 bedeutete schließlich die Gleichschaltung der Neuburger Presse im nationalsozialistischen Sinn.

Die Presselandschaft nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde in unserer Region durch die Pressepolitik der Amerikanischen Militärregierung bestimmt, mit der die alte kleinräumige Presselandschaft abgelöst werden sollte. Erreicht wurde dies durch die Vergabe von regionalen  Presselizenzen, zum Beispiel für die SCHWÄBISCHE LANDESZEITUNG in Augsburg und den DONAUKURIER in Ingolstadt – beide schließlich auch mit Lokalausgaben. Noch heute sind diese Lizenzgebiete über die Verbreitungsgebiete der AUGSBURGER ALLGEMEINEN und des DONAUKURIER nachvollziehbar.

Der Überblick über die Pressegeschichte gibt zugleich einen tiefen Einblick in die politische Entwicklung von Stadt und Landkreis Neuburg. Der gesamte Artikel kann über die Homepage des Stadtarchivs Neuburg heruntergeladen werden, nämlich hier.

 

Der Katalogband „Umbrüche“

Dietmar Grypa / Barbara Höglmeier / Barbara Zeitelhack: UMBRÜCHE – Leben in Neuburg und Umgebung 1918 – 1948, Neuburg 2008 (Stadtmuseum, 516 S.)

Eine Inhaltsangabe mit weiteren freigeschalteten Aufsätzen finden Sie hier.

Der Band „Umbrüche“ ist noch mit etwas Glück antiquarisch erhältlich , eine gute Suchmöglichkeit bietet das Portal www.eurobuch.de.

Ansonsten kann man den Band über das Stadtarchiv Neuburg, die Staatliche Bibliothek Neuburg, den Historischen Verein Neuburg und die Neuburger Stadtbücherei nutzen.

Auch im Stadtarchiv Schrobenhausen ist der Band einsehbar, da es die Ausstellung mit zahlreichen zeitgenössischen Exponaten allgemeinen Inhalts unterstützt hat.

 

Presse oft vernachässigt: Pressegeschichte als wichtiger Teil der Regionalgeschichte




HIAG und PARAXOL im Hagenauer Forst:
eine Buchempfehlung

HIAG und PARAXOL im Hagenauer Forst gehören zu den interessantesten Themen der neueren Schrobenhausener Geschichte. Der Langenmosener Wolfgang Haas hat darüber ein Buch verfasst, das wir jedem geschichtlich Interessierten empfehlen möchten. Zusammen mit dem Autor planen wir auch einen umfangreicheren Beitrag auf unserer Website.

Das geheimnisvolle Werk

Jahrzehnte lang war das Werk im Hagenauer Forst bei Schrobenhausen von Geheimnissen umwittert, viele Gerüchte waren im Umlauf, man wusste aber nichts Genaues. Die Geheimhaltung war strengstens geregelt, handelte es sich doch um den Bau und Betrieb eines Rüstungsunternehmens, errichtet im Zusammenhang mit der gewaltigen Aufrüstung und Kriegsvorbereitung der Nationalsozialisten.

Erstes Licht in die Angelegenheit brachte Kreisheimatpfleger Bernhard Rödig schon in den 1990er Jahren. Wolfgang Haas, der 40 Jahre bei der heute hier ansässigen MBDA und ihren Vorgängerfirmen gearbeitet hat, hat sich die Erforschung der Geschichte dieses Industriestandorts praktisch zu einer zweiten Lebensaufgabe gemacht.

Kurz zusammengefasst

„HIAG“: unter diesem Tarnnamen errichtete der Bauherr der Fabrik – die Abkürzung steht für „Holzverkohlungs-Industrie AG“ – zwischen 1938 und 1942 Fabrikgebäude im Hagenauer Forst, der damals noch gemeindefreies Gebiet war.

„PARAXOL“: Nach der Fertigstellung der Anlagen produzierte der Betrieb unter dem Namen „PARAXOL GmbH“ von 1942 bis 1945 Pentaerythrit, ein weißes, unscheinbares Pulver, ein Sprengstoff-Vorprodukt, das in anderen Firmen zu militärischem Sprengstoff weiterverarbeitet wurde. PARAXOL war ein Teil der Firma Degussa und hatte mehrere Betriebsstätten in Deutschland. Die Degussa,  gegründet 1873 als Deutsche Gold- und Silber-Scheide-Anstalt, spezialisierte sich später auf Industriechemikalien und war wie viele andere Unternehmen fest in die nationalsozialistische Kriegswirtschaft verstrickt.

Nach dem Krieg

Nach dem Einmarsch der Amerikaner wurde die Fabrikanlage demontiert, sie wurde in Südfrankreich in der Nähe von Toulouse wieder aufgebaut und produzierte dort bis zum Jahre 1980. Nach dem Krieg zogen Flüchtlinge in das „Lager Paraxol“ ein, das auch eine eigene Schule hatte. Im Jahr 1958 pachtete die Rüstungsfirma Ludwig Bölkow Apparatebau aus Ottobrunn das Gelände, im Jahr 1968 entstand daraus die Firma Messerschmidt-Bölkow-Blohm (MBB). Heute ist das Industriegebiet Hagenauer Forst Hauptsitz des Rüstungsunternehmens MBDA Deutschland.

Heute finden wir innerhalb und außerhalb des Firmengeländes noch verwitterte Betonruinen. Viele Fabrik- und Bürogebäude haben die Zeit überdauert und werden auch heute noch genutzt.

Ein Buch entsteht

Wolfgang Haas, selbst 40 Jahre bei der MBDA und den Vorläuferfirmen beschäftigt, hat sich schon immer für die Geschichte des geheimnisvollen Werks im Wald interessiert. Viele Jahre hat er alle Informationen zusammengetragen, keine Mühen gescheut, Zeitzeugen befragt, Dutzende Archive besucht und angeschrieben: Firmenarchive und staatliche Archive, nicht zuletzt auch Archive in Frankreich, Polen, England, den Niederlanden und den USA. Sogar in den Archiven des US-Geheimdienstes CIA waren Dokumente zu finden. Schon früh begann er, seine Erkenntnisse einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren, zum Beispiel in Vorträgen für die VHS Schrobenhausen.

Schließlich hat er seine Erkenntnisse in einem Buch zusammengefasst, das im Selbstverlag erschienen ist. Doch die Neugier nahm kein Ende und so wurden laufend weitere interessante Dokumente aufgespürt. Sie verschwanden nicht im Schreibtisch, sondern wurden immer wieder in die Buchpublikation eingearbeitet, so dass 2023 bereits die 9. Auflage des Werks erscheinen konnte. Nur wenige Publikationen behandeln ein Thema derartig umfassend in allen Aspekten: vom Bau und Betrieb der Anlage über die komplizierten chemischen Prozesse der Herstellung bis zur geschichtlichen Einbindung in die Aufrüstung der Nationalsozialisten.

Beantwortet werden unter vielen anderen folgende Fragen:

  • wie sind HIAG und PARAXOL entstanden
  • was ist Pentaerythrit
  • welche chemischen Verfahren wurden angewendet
  • welche Funktionen hatten die einzelnen Gebäude
  • wie schwierig war die Wasserversorgung aus der Paar
  • wie erfolgten Anlieferung und Versand über den eigenen „Paraxol-Bahnhof“
  • wie viele Zwangsarbeiter wurden beschäftigt
  • warum wurde das Werk nur leicht bombardiert
  • was geschah nach dem Einmarsch der Amerikaner

Wolfgang Haas würdigt im Vorwort auch die Verdienste von Bernhard und Barbara Rödig, ohne deren Forschungen und Unterstützung seine eigene Forschungsarbeit vielleicht nie in Gang gekommen wäre.

Sehr viel Information für nur 13 Euro

Wolfgang Haas: „Was waren HIAG und PARAXOL im Hagenauer Forst Schrobenhausen“. Das Werk ist im Eigenverlag erschienen, umfasst 160 Seiten im Format DIN A 4, enthält über 200 Fotos, Bilder und Originaldokumente und ist durchgehend vierfarbig gedruckt. Derzeit ist die 2023 erschienene 9. Auflage des Buchs erhältlich.

Es kann zum Selbstkostenpreis von 13 Euro nur direkt vom Autor bezogen werden:

Wolfgang Haas
Goethestraße 5
D-86571 Langenmosen
Tel 08433 – 536
Mail: haas.la@neusob.de