150 Jahre Paartalbahn – eine sehr kurze Geschichte
Die Paartalbahn, die seit dem 15. Mai 1875 Augsburg über Friedberg, Aichach und Schrobenhausen mit Ingolstadt verbindet, ist heuer 150 Jahre alt geworden. In Dasing und Friedberg gab es Veranstaltungen und Ausstellungen, in Schrobenhausen ist dieses Jubiläum nicht gefeiert worden. Wie auch immer, ein Grund zurückzublicken – auch aus Schrobenhausener Sicht.
Erste Aktivitäten zum Bau der Strecke gingen bereits 1860 von Augsburg aus, doch es sollte elf Jahre dauern, bis die Mühlen der Bürokratie und vor allem der Politik den Weg für den Baubeginn im Mai 1872 freigaben. Ein Aspekt, der für den Bahnbau sprach, war die Verbindung der Landesfestung Ingolstadt mit dem Artillerie-Schießplatz Lechfeld südlich von Augsburg. Der Schrobenhausener Stadtpfarrer und Landtagsabgeordnete Dr. Anton Schmid (1827-1881) versuchte 1863 die Kammer der Abgeordneten für eine alternative Streckenführung München – Dachau – Schrobenhausen – Ingolstadt zu gewinnen. Die Bemühungen waren vergeblich.
Der Bau der 62 km langen, eingleisigen Hauptbahn Augsburg-Hochzoll – Ingolstadt Centralbahnhof fand ohne mechanische Hilfsmittel mit Schaufel und Spitzhacke statt und dauerte dennoch vom ersten Spatenstich bis zur Eröffnung nur drei Jahre. Der Schrobenhausener Stadtmaurermeister Joseph Lenbach (1820-1887), Stiefbruder des Malers Franz von Lenbach (1836-1904), zeichnete für die Ausführung der Baulose Hörzhausen – Schrobenhausen und Schrobenhausen – Königslachen verantwortlich, übernahm sich und ging in Konkurs.
Im Eröffnungsfahrplan ab 15. Mai 1875 – der Güterverkehr hatte informell bereits am 1. Mai begonnen – umfasste das Zugangebot von Augsburg nach Ingolstadt einen beschleunigten Personenzug und drei gemischte Züge (kombinierter Personen- und Güterzug, der auf den Unterwegsbahnhöfen auch rangierte, also Güterwagen abstellte oder mitnahm). Von Ingolstadt nach Augsburg weist der Fahrplan zwei Personenzüge und zwei gemischte Züge aus. Die Fahrt im gemischten Zug von Schrobenhausen nach Ingolstadt dauerte – um ein Beispiel zu nennen – eine Stunde und 13 Minuten. Heute sind es 18 Minuten.
Fahrplan der Paartalbahn aus dem Jahr 1876, ein Jahr nach der Eröffnung. (Sammlung Benno Bickel)
Die Paartalbahn trug wesentlich zu einer etwas verspäten „Gründerzeit“ bei der Industrialisierung in Schrobenhausen und Aichach bei. Ebenso profitierte die Landwirtschaft vom schnellen und preiswerten Transport auf der Schiene. Massengüter (besonders der Hauptenergieträger Kohle), Fertigprodukte (etwa Papier aus Schrobenhausen), Baumaterial und Agrarerzeugnisse konnten erstmals schnell und wirtschaftlich über große Entfernungen transportiert werden. Viele Menschen, für die Postkutschen, Cariolpost und Stellwagen jenseits ihrer finanziellen Möglichkeiten lagen, konnten sich erstmals ein Billet für eine Zugfahrt leisten.
Mit der rasanten technischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung im letzten Viertel des 19. Jahrhundert und bis zum Ersten Weltkrieg wurden die Züge auf der Paartalbahn länger und leistungsfähiger, schneller und bequemer. Nicht umsonst wird diese Epoche auch gerne als Eisenbahn-Zeitalter bezeichnet.
1920 ging die Paartalbahn wie das gesamte Streckennetz der einstigen Königlich Bayerischen Staatsbahnen auf die Deutsche Reichsbahn über. Zwischen Inflation einerseits und dem Beginn des Zweiten Weltkrieg andererseits gab es eine Reihe von Verbesserungen im Zugangebot. Den Zweiten Weltkrieg überstand die Strecke mit nur sehr geringen Schäden.
Die Deutsche Bundesbahn, gegründet 1948 und aufgelöst 1993, brachte eine ganze Reihe von Modernisierungen auf den Weg. So wurde der Einsatz von Dampflokomotiven kontinuierlich verringert und 1967 beendet. Ergänzt wurden die Dampfzüge schon ab den frühen 1950er Jahren durch Schienenbusse, ab den 1960er Jahren durch Personenzüge mit Diesellokomotiven.
Viele Jahrzehnte prägten auch auf der Paartalbahn Dampflokomotiven das Betriebsgeschehen. Lok 50 1201 im Jahre 1967 mit einem Güterzug kurz vor Schrobenhausen. (Foto: Benno Bickel)
Hinsichtlich Zugangebot – auch im Güterverkehr – und Leistungsfähigkeit erreichte die Paartalbahn zwischen 1965 und 1975 einen Höhepunkt. Dennoch war die Strecke zwischen 1976 und 1979 akut von einer Stilllegung des Reisezugverkehrs bedroht. Das Thema bildete für vier Jahre ein großes lokales und regionales Politikum. Die Einstellung konnte verhindert werden, dennoch ging es in den 1980er Jahren mit der Paartalbahn bergab. So wurden die Bahnhöfe bzw. Haltepunkte Paar, Hörzhausen, Edelshausen, Niederarnbach und Pobenhausen geschlossen und die Gleisanlagen der Bahnhöfe bis in den folgenden zwei Jahrzehnten bis zum Minimum der Betriebstauglichkeit abgebaut. Von 1985 bis 1996 verkehren auf dem Streckenabschnitt zwischen Aichach über Schrobenhausen nach Ingolstadt samstags keine Reisezüge, sonntags nur noch ein weitgehend nutzloses Alibi-Zugpaar am frühen Abend. Die als Ersatz eingesetzten Busse waren aufgrund der langen Fahrtzeiten nur wenig nachgefragt. Die Paartalbahn hatte ihren Tiefststand erreicht.
Ebenso geriet der einst bedeutsame Güterverkehr ist nach dem Willen der deutschen Verkehrspolitik zunehmend in eine Abwärtsspirale und ist seit Ende der 1990er Jahre so gut wie tot. Die Durchgangsüberzüge und die Ganzzüge aus Kesselwagen mit Produkten der Ingolstädter Raffinieren verschwanden zunehmend mit der Elektrifizierung der Donautalbahn 1980, die Nahgüterzüge des Einzelwagenverkehrs, die im Bahnhof Wagen für Industrie und andere Besteller bereitgestellt und wieder abgeholt wurden, verschwanden mit der Jahrtausendwende.
Lediglich die Pfeifer Holz GmbH in Unterbernbach und die Scherm Gruppe mit dem großen Audi-Parkplatz im Karlskroner Ortsteil Probfeld besitzen heute noch einen Gleisanschluss. In Schrobenhausen hatten früher unter anderem die Papierfabrik Leinfelder, das Sägewerk Prücklmair, die BayWa (drei verschiedene Anschlüsse), die Kartoffelflocken- und Stärkefabrik (Südstärke), die Hanfröste und Ytong einen Gleisanschluss.
Ökoligisch sinnvoll, aber verkehrspolitisch nicht gewollt: Der Güterverkehr auf der Paartalbahn gehört fast völlig der Vergangenheit an. Unser Bild aus den frühen 1980er Jahren zeigt einen Durchgangsgüterzug nach Augsburg, der gerade den Schrobenhausener Bahnhof mit seinen damals noch umfangreichen Gleisanlagen passiert. (Foto: Benno Bickel)
Mit der formalen Privatisierung der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn (neue Bundesländer) zum 1. Januar 1994 und Gründung der privatwirtschaftlich geführten, wiewohl zu 100 Prozent in Staatsbesitz befindlichen Deutschen Bahn AG wurde die Infrastruktur – also die Gleisanlagen etc. – vom Zugbetrieb getrennt. Seit 13. Dezember 2009 fährt auf der Paartalbahn im Auftrag der „Bayerischen Eisenbahngesellschaft“ (BEG), die den Regionalverkehr in Bayern organisiert, die „Bayerische Regiobahn“. So heimatverbunden der Name auch klingt, verbirgt sich dahinter der französische Konzern „transdev“. Zum Einsatz kommen moderne Dieseltriebzüge des Typs LINT 41/H mit einer Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h.
So ist heute im 150. Jubiläumsjahr ist das Angebot auf der Paartalbahn besser denn je. Vom frühen morgen bis Mitternacht verkehren die Züge zwischen Augsburg und Ingolstadt im Stundentakt (Augsburg Hbf– Aichach im 30-Minuten-Takt; Augsburg Hbf – Friedberg im 15-Minuten-Takt. Die Zahl der Reisenden auf der Paartalbahn ist seit Einführung und schrittweiser Ausdehnung des Stundentakts in den Nachtstunden gewaltig gestiegen, allein zwischen 2008 und 2012 um 72 Prozent. Aktuellere Zahlen werden als „Geschäftsgeheimnis“ nicht kommuniziert.
Und die Zukunft? Es gibt vage Pläne für eine Teilelektrifizierung der Paartalbahn und den Einsatz umweltfreundlicher Batterie-Triebwagen, die unter Fahrdraht aufgeladen werden. Die gegenwärtigen Tendenzen der Verkehrs- und Umweltpolitik sprechen jedoch eher gegen das Vorhaben.
Die Paartalbahn heute: Dieseltriebzüge der „Bayerischen Regiobahn“ im Taktverkehr. Die Aufnahme vom 11. Dezember 2024 zeigt VT 320 bei der Feldwegbrücke nahe des Königslachener Weges als Regionalbahn von Ingolstadt nach Augsburg Hbf. (Foto: Benno Bickel)







































Werkstatt von Kupferschmied Bauer um 1930



