Königsmoos – Geschichte einer Donaumoosgemeinde

  Blick über die Fluren der Gemeinde Königsmoos von Berg im Gau aus, im Hintergrund die Kirche St. Josef in Untermaxfeld

 

50 Jahre Königsmoos – im Jahr 1975 schlossen sich die Gemeinden Untermaxfeld, Ludwigsmoos und Klingsmoos zur Einheitsgemeinde „Königsmoos“ zusammen – durch einen fast einstimmigen Beschluss der Gemeindebürger. Königsmoos ist die einzige Gemeinde im Landkreis, die sich im Rahmen der Gebietsreform einen neuen Namen gegeben hat und damit auch ein „neueres Jubiläum“ feiern konnte. Wir  bringen hier die leicht überarbeitete Fassung einer vierteiligen Serie, die in der regionalen Presse erschienen ist.

 

Donaumoos – Trockenlegung und Besiedlung

Das Donaumoos (zur Unterscheidung vom Schwäbischen Donaumoos auch „Altbayerisches Donaumoos“ genannt) ist in vielerlei Hinsicht ein besonderer Landstrich. In alten Quellen wird es oft auch als „Schrobenhausener Moos“ bezeichnet, weil es vom Schrobenhausener Donaumooslehengericht verwaltet wurde. Bis zur Trockenlegung Ende des 18. Jahrhunderts war es ein weitgehend unzugänglicher Sumpf, es diente als Jagdrevier, Randbereiche des Mooses wurden von den Bauern der umliegenden Dörfer als Viehweiden und zur Gewinnung von oft minderwertigem Heu genutzt.

 

Schon steinzeitlich besiedelt

Bevor die Versumpfung begann – wir gehen rund 10.000 Jahre zurück – finden wir auf unserem Gebiet altsteinzeitliche Jagdstationen, wohl auch einfache Hütten. Tausende von Steinwerkzeugen fand man auch im westlichen Moos, auf dem Gebiet der Gemeinde Königsmoos. Die Funde stammen zumeist von einzelnen Sanddünen, die heute die Umgebung meist nur unmerklich überragen. Später – als die Vernässung zunahm und in der Jungsteinzeit die Sesshaftmachung begann – wurde das Donaumoos als Siedlungsgebiet aufgegeben, aber  auch weiterhin zur Jagd und zum Fischfang genutzt.

 

Trockenlegung und Kultivierung

Die neuere Kultivierung und Besiedlung des Donaumooses beginnt Ende des 18. Jahrhunderts und gilt als größte Neulandgewinnung in Bayern seit dem Mittelalter. Das Haupthindernis wurde erst mit dem Regierungsantritt des Kurfürsten Karl Theodor aus dem Weg geschafft, denn dieses Moorgebiet gehörte seit Beginn des 16. Jahrhunderts zu zwei verschiedenen Fürstentümern: zu den Herzogtümern bzw. Kurfürstentümern Pfalz-Neuburg und Bayern.

 

„Karte des trocken gelegten Donauer Mooses“ von Adrian von Riedl (Ausschnitt, 1804). Wir sehen hier Gebäude in Obermaxfeld, Rosing, Untermaxfeld und Stengelheim sowie die alte Grenze zwischen Pfalz-Neuburg und den „Baierischen Landen“, dem Kurfürstentum Bayern, die in dieser Form rund 300 Jahre bestand. (Bayerische Staatsbibliothek – gemeinfrei)

 

Nachdem Karl Theodor im Jahr 1777 die beiden wittelsbachischen Länder unter seiner Regentschaft vereinigte hatte – die Münchener Linie war männlicherseits ausgestorben – gab er bereits ein Jahr später den Auftrag, das Donaumoos zu vermessen sowie Vorschläge zu seiner Kultivierung vorzulegen. Die Entwässerung begann.

Die Besiedlung des Donaumooses begann im östlichen Teil im Jahr 1791 mit der Gründung von Karlskron und im mittleren Teil im Jahr 1795 mit der Gründung von Karlshuld. Im gleichen Jahr beginnt auch die Besiedlung des Gebiets der heutigen Gemeinde Königsmoos. Im Jahr 1795 lässt sich der Geometer Adrian von Riedl ein Gut bauen, für das er den Namen „Stengelshayn“ wählt, zu Ehren des Leiters der Donaumoos-Kulturkommission, Stephan Christian Freiherr von Stengel. Für seine Ansiedlung erhielt er auch Hofmarksgerechtigkeit. Im Jahr 1796 ließen sich einige Siedler in Rosing nieder.

Drei wichtige Persönlichkeiten für die Gemeinde:

Kurfürst Karl Theodor (1724-1799) – mit ihm hat die Kultivierung des Donaumooses begonnen. In Berg im Gau befindet sich ein Denkmal: von dieser Stelle aus hat der Kurfürst 1794 in Augenschein genommen, wie es um die Kultivierung des Donaumooses stand.

Johann Peter Kling  (1749-1808) – nach ihm wurde Klingsmoos benannt, um seine Verdienste zu würdigen

Max I. Joseph (1756-1825), Kurfürst und ab 1806 König von Bayern – Namensgeber für Ober- und Untermaxfeld

Bilder: gemeinfrei

 

Erste Protestanten im alten Bayern  

Größere Ansiedlungen entstehen erst, als sich 1802 Ansiedler in Untermaxfeld und Obermaxfeld niederlassen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren fast ausschließlich katholische Siedler im Donaumoos aufgenommen worden. Es war dem Kurfürsten und späteren König Max I. Joseph vorbehalten, in seinem altbayerischen Herrschaftsgebiet auch evangelischen Christen das Recht zur freien Niederlassung zu gewähren. Die Hochzeit des katholischen Kurfürsten mit der lutherischen Prinzessin Karoline von Baden im Jahr 1797 wird dabei sicher eine wichtige Rolle gespielt haben.

So ließen sich nun evangelisch-lutherische und evangelisch-reformierte Siedler aus der Pfalz im Donaumoos nieder und gründeten zusammen mit Katholiken die Kolonien Untermaxfeld und Obermaxfeld, benannt nach dem Kurfürsten, der ihnen die Ansiedlung ermöglicht hatte. In einem Verzeichnis von 1804 finden wir auf dem heutigen Gemeindegebiet von Königsmoos die Orte Untermaxfeld mit 31 Häusern und Obermaxfeld mit 23 Häusern.

 

Die Entstehung der drei Altgemeinden

Bei der Bildung der modernen politischen Gemeinden in Bayern im Jahr 1818 finden wir auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde zunächst nur die Gemeinde Untermaxfeld. Sie war weitläufig über das Donaumoos verteilt und umfasste die Dörfer Untermaxfeld und Obermaxfeld, die damals noch als Weiler bezeichneten Orte Grasheim, Hadersheim, Rosing, Zitzelsheim sowie die Einöden Brandheim, Grabmühl, Kehrheim und Kochheim. Eine Besonderheit bildete der östlich von Karlshuld gelegene Ort Neuschwetzingen. Da sich auch hier evangelische Siedler aus der Pfalz niedergelassen hatten, wurde der Ort als Exklave der Gemeinde Untermaxfeld einverleibt.

Nach Rückschlägen und Stillstand des Kulturwerks kommt es in den Zwanzigerjahren des 19. Jahrhunderts zu einer zweiten Siedlungsepoche. Im südwestlichen Teil des Gemeindegebiets entstehen die Kolonien Ludwigsfeld und Theresienfeld – nach König Ludwig I. und dessen Frau Therese benannt. Beide Ansiedlungen mussten auf Anordnung König Ludwigs I. umbenannt werden, die erste in Ludwigsmoos, um die Zugehörigkeit zum Donaumoos auszudrücken, die zweite in Klingsmoos, um die Verdienste Johann Peter von Klings für die Besiedlung des Donaumooses zu würdigen. Kling gilt einer der Pioniere der Donaumooskultivierung. Aus der Pfalz stammend, erwarb er 1796 in Probfeld – heute Gemeindegebiet Karlskron – landwirtschaftliche Flächen und machte dort vielfältige Kulturversuche, deren Ergebnisse er auch im Druck veröffentlichte. Im Jahr 1831 wurde Ludwigsmoos, im Jahr 1845 Klingsmoos zu einer selbstständigen Gemeinde erhoben.

 

Lutheraner, Reformierte, Katholiken

Fünf Kirchen, davon zwei protestantische – und das bei 5.000 Einwohnern. Das klingt rekordverdächtig. Dabei waren solche Bauvorhaben im Donaumoos schwierig – der Untergrund besteht aus Torf und bot keine ausreichende Fundamentierung. So entstanden oft schon nach kurzer Zeit Schäden, bis in die Gegenwart mussten Kirchen aufwändig saniert oder neu gebaut werden.

 

Kleine Siedlungen konnten sich zunächst keine Kirchen leisten. So ist überliefert, dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts Gottesdienste auch in Scheunen oder Wohnungen abgehalten wurden. Das Bedürfnis nach Kirchenbauten nahm mit der zunehmenden Besiedlung zu. Die fünf Kirchen im Gemeindegebiet wurden im Laufe eines Jahrhunderts erbaut: die evangelisch-lutherischen Kirchen in Untermaxfeld im Jahr 1828, in Ludwigsmoos im Jahr 1868. Die katholischen Kirchen entstanden in Ludwigsmoos im Jahr 1835, in Untermaxfeld im Jahr 1866 und in Klingsmoos im Jahr 1922. Die finanziellen Mittel stammten zum größten Teil von den Gläubigen, die mit Hand- und Spanndiensten außerdem selbst umfangreiche Arbeitsleistungen beitrugen, sowie von Sammlungen und nicht zuletzt – auch wegen der großen Not der Donaumoosgemeinden – durch Zuschüsse des Königs bzw. des Staats.

 

Lutheraner und Reformierte

Zunächst wurden fast ausschließlich katholische Siedler im Donaumoos aufgenommen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gewährte Kurfürst Max Joseph, der spätere König, auch nichtkatholischen Gläubigen die Ansässigmachung im Donaumoos – immerhin war er selbst mit einer lutherischen Prinzessin verheiratet. Die protestantischen Siedler ließen sich zunächst vor allem in Untermaxfeld nieder, sie kamen vor allem aus der Pfalz und aus der Gegend von Heidelberg. Eine protestantische Pfarrgemeinde wurde 1804 gegründet – sie sieht sich selbst als die älteste in Altbayern – daneben darf natürlich auch die Partnergemeinde Großkarolinenfeld nicht unerwähnt bleiben. Dort wurde  1822 die älteste protestantische Kirche Altbayerns errichtet, wenige Jahre danach im Jahr 1828 folgte die Kirche in Untermaxfeld. Hier war 1812 ein Betsaal im neu erbauten Pfarrhaus eingerichtet worden. Sie ist damit auch die älteste Kirche im Donaumoos überhaupt.

Zur Pfarrei Untermaxfeld gehörten zunächst alle evangelischen Gläubigen im Donaumoos, aber auch alle anderen Protestanten aus den Landgerichten Neuburg, Schrobenhausen, Aichach und Rain waren zunächst nach Untermaxfeld eingepfarrt.

In der Frühphase der Besiedlung Untermaxfelds ließen sich hier auch viele Siedler reformierten Glaubens aus der Pfalz nieder, erst später waren die mit lutherischem Glauben in der Mehrheit. Die neu erbaute Kirche wurde zunächst von beiden Konfessionen genutzt, der evangelisch-lutherische Pfarrer war verpflichtet, auf die Glaubensgrundsätze der reformierten Christen Rücksicht zu nehmen. Das ging nicht immer ohne Konflikte ab. Das änderte sich, als im Jahr 1848 in Marienheim bei Neuburg eine reformierte Pfarrei gegründet wurde und im Jahr 1857 dort die neu erbaute Kirche eingeweiht werden konnte. Von nun an waren auch alle Reformierten aus dem Donaumoos dorthin eingepfarrt.

Die Lutheraner in den neu gegründeten Gemeinden Ludwigsmoos und Klingsmoos waren zunächst in die protestantische Gemeinde Untermaxfeld eingepfarrt. Aufgrund der Zunahme der Bevölkerung entstand das Bedürfnis nach Eigenständigkeit. So wurde im Jahr 1867 ein eigenes Vikariat eingerichtet, im Jahr 1868 wurde die evangelisch-lutherische Kirche in Ludwigsmoos fertiggestellt. Großer Aufwand wurde für die Fundamentierung der Kirche betrieben: Sie wurde auf 196 Baumstämmen und einer über zwei Meter tiefen Grundmauer errichtet. 

 

Drei katholische Kirchen

Schwieriger gestalteten sich die Kirchenbauten der Katholiken im heutigen Gemeindegebiet. Sie waren zunächst nach Karlshuld eingepfarrt. Die älteste katholische Kirche St. Maximilian wurde im Jahr 1835 in Ludwigsmoos errichtet. Doch die Kirche war schon drei Jahren baufällig, so dass sie wieder abgerissen werden musste. Der zweite Bau wurde auf 180 Pfählen gegründet und 1841 vollendet und eingeweiht. Um 1900 erwies sich die Kirche als zu klein, so dass sie – bis auf das Presbyterium – neu erbaut und im Jahr 1912 neu eingeweiht wurde.

Schon seit Beginn der 1830er Jahre haben sich Bewohner der Gemeinde Untermaxfeld für den Bau einer katholischen Kirche stark gemacht. Verschiedene Standorte wurden diskutiert. Doch erst im Jahr 1861 wurde mit dem Kirchenbau begonnen, 1866 wurde die katholische Kirche St. Josef eingeweiht. Im Jahr 1979 wurden schwere Schäden an der Fundamentierung festgestellt. Zunächst wollte man den alten Bau von Grund auf renovieren, doch schließlich fiel der Beschluss für einen Neubau. Die neuerbaute Kirche, in die ein Teil der alten Ausstattung integriert wurde, wurde im Jahr 1988 eingeweiht.

 

Untermaxfeld – katholische Kirche St. Josef (um 1930)

 

Die Katholiken der Gemeinde Klingsmoos gehörten zunächst zur Pfarrei Ludwigsmoos. Die Bevölkerungszahl der Donaumoosgemeinden stieg im 19. Jahrhundert durch die Besiedlung ständig an, so dass auch in Klingsmoos das Bedürfnis nach einer eigenen Kirche entstand. Im Jahr 1896 wurde ein Kirchenbauverein gegründet. Der Bau konnte erst im Jahr 1922 fertiggestellt werden, aufgrund der zunächst noch fehlenden Innenausstattung konnte die Kirche St. Josef jedoch erst 1931 eingeweiht werden. Im Jahr 1961 wurde der als Dachreiter gestaltete kleine Turm durch einen Turmneubau ersetzt. Im Jahr 1971 wurden so massive Schäden am Kirchenschiff festgestellt, dass schließlich ein Neubau in Betracht gezogen wurde. Er wurde im Jahr 1980 eingeweiht, nur der Turm wurde von der Vorgängerkirche übernommen.

 

www.paardon.de plant, attraktive aktuelle Bilder von der Gemeinde zur freien Nutzung unter unserer Rubrik „Fotopedia“ einzustellen, vielleicht Ende Oktober. Aktuelle Infos dann auch hier. 

 

Viele Besonderheiten: Torf, Kalkbrennerei, Schifffahrt

Die Entwicklung der Gemeinde weist viele Besonderheiten auf. Da die Besiedlung ja erst im Gange war, konnte sich die Bevölkerungszahl von 1840 bis 1900 verdoppeln, während andere Gemeinden stagnierten. Besondere Erwerbszweige neben der Landwirtschaft waren die Torfstecherei, aber auch die Kalkbrennerei. Immer wieder problematisch: die Teilung des Gebiets zwischen den Landgerichten, später Landkreisen Neuburg und Schrobenhausen.

 

Geteilt zwischen Neuburg und Schrobenhausen

Seit dem 16. Jahrhundert war die Grenze zwischen dem Landgericht Schrobenhausen und damit dem Kurfürstentum Bayern und dem Landgericht Neuburg und damit dem Herzogtum Pfalz-Neuburg durch das heutige Gemeindegebiet verlaufen. Im Zuge der neuen Landgerichtsorganisation kamen im Jahr 1808 das gesamte Gebiet des Donaumooses und damit auch alle Ortsteile der im Entstehen begriffenen Gemeinden des heutigen Königsmoos zum Landgericht Neuburg. Damit gehörten alle Orte zunächst zum Oberdonaukreis, dem Vorläufer des Regierungsbezirks Schwaben, und seit 1838 zum Kreis Schwaben und Neuburg.

Die Zuweisung des ganzen Donaumooses zum Landgericht Neuburg führte dazu, dass Moosflächen der in den umliegenden Gerichtsbezirken liegenden Gemeinden im Neuburger Gerichtsbezirk lagen. Dem Wunsch dieser Gemeinden entsprechend wurden in den Jahren 1855 bis 1860 einige südliche und westliche Teile den umliegenden Gemeinden zugeteilt: so kamen zum Beispiel Obergrasheim und der südliche Teil von Stengelheim zu Berg im Gau, der südliche Teil von Ludwigsmoos zu Langenmosen, der südliche Teil von Klingsmoos zu Sandizell, alle damit zum Landgericht Schrobenhausen und zum Kreis bzw. Regierungsbezirk Oberbayern.

Als im Jahr 1862 Justiz und Verwaltung in Bayern getrennt wurden, lagen so Teile der heutigen Gemeinde im Gebiet des Bezirksamts Schrobenhausen, der nördliche und größere Teil im Bezirksamt Neuburg. Im Jahr 1939 wurden die Bezirksämter in Landkreise umbenannt.

Alte Grenzen zwischen den Landkreisen Neuburg und Schrobenhausen (um 1935)

Schifffahrt auf der Ach

Die Ach ist ein kleines Flüsschen, das bei Mandlach südwestlich von Pöttmes entspringt und die Gemeinde Königsmoos durchfließt. Im heutigen Bereich der Achhäuser betrieb sie die Kehrmühle, auf die sich auch der Straßenname „Kehrhofstraße“ bezieht. Sie wird ab der Ingolstädter Stadtgrenze Sandrach genannt und mündet nördlich von Manching in die Paar. Da die Straßenverhältnisse im Donaumoos schlecht waren, war der Transport schwerer Lasten ein mühsames Unterfangen. So entstanden bereits um 1830 Pläne, die Ach im Donaumoos schiffbar zu machen. Auf Vorschlag von Generalstraßenbaudirektor Pechmann wurden zu Versuchszwecken drei leichte Kähne zusammengenagelt, aneinandergehängt, mit 250 Zentnern Kies beladen und von zwei Pferden über die Ach bis an die Grabmühle gezogen. Dieser erfolgreiche Versuch führte zum Vorschlag, weitere Kanäle schiffbar zu machen: zum Beispiel den Zeller Kanal, verschiedene Erdweggräben bei Berg im Gau, Brunnen und den Schornreuter Kanal. Sehr interessante Themen, die noch nicht abschließend erforscht sind.

 

Torfstich  und Kalkbrennerei

Man versuchte, die in der frühen Besiedlung des Donaumooses gemachten Fehler zu vermeiden, machte den Siedlern zur Auflage, deutlich größere Gründe zu erwerben, bei der Auswahl der Siedler legte man strengere Maßstäbe an. Die erworbenen Gründe sollten frei von grundherrlichen Abgaben sowie von Zehentlasten sein, außerdem für zehn Jahre steuerfrei. So konnten schlimme Auswirkungen wie in anderen Donaumoosgemeinden wie unvorstellbare Armut und damit zusammenhängende Kriminalität vermieden werden. Trotzdem versuchten die meisten Siedler, sich mit Nebenerwerb zusätzliche Einkünfte zu verschaffen. Der Torfstich war auch hier weit verbreitet. Er diente der Eigenversorgung, anderes Heizmaterial war extrem rar, Torf wurde aber auch in die umliegenden Städte Neuburg und Schrobenhausen, bis Ingolstadt, Augsburg oder Dachau verkauft. Die erste Dampfmaschine der Papierfabrik Leinfelder in Schrobenhausen wurde mit Torf betrieben.

 

Torfrixe in Obergrasheim (um 1940, aus dem Familienalbum des Autors)

 

Die Korbmacherei war hier – im Vergleich zu den Gemeinden Karlskron und Karlshuld – weniger verbreitet. Als Sondergewerbe entwickelte sich im Gemeindegebiet seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Kalkbrennerei. So sind um 1900 in Klingsmoos 25, in Ludwigsmoos 12 Kalköfen in Betrieb. Sie bezogen ihren Rohstoff aus den kalksteinreichen Ausläufern des Fränkischen Jura südlich der Donau und verkauften ihre Ware im engeren und weiteren Umkreis.

 

Die Gemeinden um 1900

Im Jahr 1900 zählt die Gemeinde Untermaxfeld 198 Wohngebäude und 1.059 Einwohner, davon 406 Katholiken und 580 Protestanten. Untermaxfeld ist zu dieser Zeit die einzige auf heutigem Landkreisgebiet gelegene Gemeinde mit protestantischer Bevölkerungsmehrheit. Zur Gemeinde Untermaxfeld gehören damals das Pfarrdorf Untermaxfeld mit 340 Einwohnern, die Dörfer Stengelheim mit 188, Obermaxfeld mit 209 sowie Neuschwetzingen mit 228 Einwohnern sowie die Weiler Rosing mit 58, Kochheim mit 24 und Zitzelsheim mit 12 Einwohnern. Die Gemeinde Ludwigsmoos besteht aus 83 Wohngebäuden mit 472 Einwohnern, davon 319 Katholiken, 149 Protestanten. Die Gemeinde umfasst das Pfarrdorf Ludwigsmoos mit 457 sowie die Einöde Grabmühle mit 15 Einwohnern. Die Gemeinde Klingsmoos besteht nur aus dem Pfarrdorf Klingsmoos, hat 77 Wohngebäude und 432 Einwohner vorzuweisen, davon 352 Katholiken und 65 Protestanten.

 

Ludwigsmoos mit Kirche St. Maximilian, Birken und Entwässerungsgraben (um 1930)

 

Umbrüche im 20. Jahrhundert

Die Entwicklung der Gemeinden im 20. Jahrhundert spiegelt die allgemeine deutsche Geschichte: Erster Weltkrieg mit vielen Kriegstoten, am Ende des Krieges die Novemberrevolution 1918, die zur Weimarer Demokratie führt. Die demokratische Entwicklung erreicht auch die Gemeinden: zum ersten Mal dürfen alle wählen, auch unabhängig von einer Steuerzahlung, zum ersten Mal sind auch Frauen wahlberechtigt. Die galoppierende Inflation 1923 und die Weltwirtschaftskrise 1929 hinterlassen auch in den Donaumoosgemeinden tiefe Spuren. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 sitzen nur noch Parteimitglieder oder doch parteihörige Bürger im Gemeinderat. Der Zweite Weltkrieg fordert viele Opfer, doch es gibt keine Zerstörungen wie in den Großstädten.

Nach dem Kriegsende gibt es wieder freie Wahlen. Ab 1946 gab es auch in Königsmoos Bevölkerungszuwachs durch Flüchtlinge und Heimatvertriebene, allerdings weniger stark ausgeprägt als in umliegenden Städten. Da die Erwerbsmöglichkeiten im Donaumoos begrenzt waren, zogen die meisten Flüchtlinge wieder weg.

 

Gebietsreform – drei Gemeinden schließen sich zusammen

Spätestens seit Mitte der 1960er Jahren wirft die Gebietsreform ihre Schatten voraus. Zum einen soll die Zahl der Landkreise in Bayern reduziert werden. Im Jahr 1972 werden die Landkreise Neuburg und Schrobenhausen zusammengelegt und damit alle Gebiete des Donaumooses in einem Landkreis vereinigt. Mit dem Landkreis Neuburg kommen auch die drei Königsmooser Gemeinden von Schwaben zu Oberbayern.

 

Drängend war auch die Bildung größerer Gemeinden, um eine leistungsfähigere Verwaltung zu gewährleisten. Heute kaum mehr vorstellbar: Malzhausen als kleinste Gemeinde im Landkreis Schrobenhausen hatte im Jahr 1967 nur 142 Einwohner, Unterpeiching im Landkreis Neuburg gar nur 92.

Die Gemeindegebietsreform in den 1970er Jahren brachte grundlegende Veränderungen auch für die drei westlichen Donaumoosgemeinden. Schon im Jahre 1970 war nach langen Diskussionen der Untermaxfelder Ortsteil Neuschwetzingen in die Gemeinde Karlshuld eingemeindet worden. Die Diskussion um eine Gemeindeneubildung zog sich hin. Auch über den Namen der neuen Gemeinde herrschte zunächst keine Einigkeit. Der Vorschlag, die neu zu bildende Gemeinde „Königsmoos“ zu nennen, kam von Dr. Josef Heider (1904-1982).

„Königsmoos“ sollte die neue Gemeinde heißen, weil das Moos ursprünglich Königsgut gewesen und außerdem die Gründung der Gemeinden dem Kurfürsten und späteren König Max I. Joseph und König Ludwig I. zu verdanken gewesen sei. Heider leitete beinahe ein Vierteljahrhundert das Staatsarchiv Neuburg, das für den Regierungsbezirk Schwaben zuständig war und das im Jahr 1989 nach Augsburg verlegt wurde. Eine ebenso lange Zeit war er Vorstand des Historischen Vereins Neuburg, außerdem Kreisheimatpfleger. Er hatte ein umfassendes Wissen über die Geschichte des Landkreises Neuburg und seiner Gemeinden, seine zahlreichen Veröffentlichungen reichen aber weit in den schwäbischen Raum hinein.

Das Bürgervotum im Jahr 1975 brachte ein fast einstimmiges Ergebnis für den Zusammenschluss der Gemeinden Untermaxfeld, Ludwigsmoos und Klingsmoos, bezüglich des Ortsnamens „Königsmoos“ gab es nur wenige Gegenstimmen.

Im Rahmen einer Arrondierung des Gemeindegebiets erhielt die neue Gemeinde in den folgenden Jahren auch die im Donaumoos gelegenen besiedelten Orte und Weiler der umliegenden Gemeinden zugeteilt, so von den Gemeinden Langenmosen, Wagenhofen, Walda, Hollenbach, Dinkelshausen und Oberhausen, Rohrenfels, Berg im Gau und vom Markt Pöttmes.

 

Königsmoos erhält ein Wappen

Im Jahr 1980 nimmt Königsmoos ein Wappen an. Die bayerische Königskrone symbolisiert die engen historischen Beziehungen der Gemeindeteile zum bayerischen Königshaus. Unter- und Obermaxfeld haben sich nach dem Kurfürsten und späteren König Maximilian I. Joseph benannt, Ludwigsmoos nach König Ludwig I. Der Balken und die Leiste versinnbildlichen die Straßen und Kanäle, die das Donaumoos als Siedlungsgebiet erschlossen, die Feldfarbe Schwarz symbolisiert die dunkle Erde, die dunklen Moosgründe, auf denen die neuen Siedlungen entstanden sind.

 

Wappen der Gemeinde Königsmoos

 

Gemeinde Königsmoos heute

Die Gemeinde konnte auch im 20. Jahrhundert ihre Einwohnerzahl stetig steigern. Die Bevölkerungszunahme nach dem Zweiten Weltkrieg durch Flüchtlinge und Heimatvertriebene fiel hier weniger stark aus als in anderen Gemeinden. Seit der Gebietsreform stieg die Einwohnerzahl der Gemeinde stark an, nämlich um rund 60 Prozent. Günstiger Baugrund, die Ausweisung von Baugebieten und eine zentrale Lage im Landkreis zwischen den beiden Städten Neuburg und Schrobenhausen spielen für die Wohnortwahl eine große Rolle. Viele neue Gewerbebetriebe haben sich angesiedelt, doch finden die meisten Arbeit in Neuburg, Schrobenhausen oder Ingolstadt.

 

Gemeindeteile 

Achhäuser, Klingsmoos, Ludwigsmoos, Obergrasheim, Obermaxfeld, Rosing und Zitzelsheim, Stengelheim, Untermaxfeld

 

Partnerschaften mit gemeinsamen Wurzeln

Die Gemeinde Königsmoos hat zwei Gemeindepartnerschaften geschlossen, die mit der Geschichte der Gemeinde eng zusammenhängen. Seit 2001 besteht eine Partnerschaft mit Großkarolinenfeld bei Rosenheim. Untermaxfeld und Großkarolinenfeld wurden zur gleichen Zeit besiedelt, die Siedler stammten aus der Pfalz und aus der Gegend von Heidelberg. Die beiden evangelisch-lutherischen Pfarreien sind die ältesten in Altbayern, die Ortsnamen stammen vom bayerischen Kurfürsten- bzw. Königspaar: Unter- und Obermaxfeld von Max I. Joseph, Großkarolinenfeld von dessen Ehefrau Karoline. Seit 2002 bestand ein reger Kontakt mit Hergenfeld (Rheinland-Pfalz), dem Geburtsort Johann Peter von Klings, der sich um die Besiedlung des Donaumooses verdient gemacht hatte und dem der Gemeindeteil Klingsmoos seinen Namen verdankt. Im Oktober 2010 wurde eine Partnerschaft zwischen den Gemeinden Hergenfeld und Königsmoos offiziell besiegelt.

 

 

Bevölkerungsentwicklung

 (nach heutigem Gebietsstand)

 

Der Donaumoospegel und die Moorsackung

In Ludwigsmoos (Ludwigstraße 88) befindet sich der so genannte Donaumoospegel, ein Eichenpfahl, inzwischen auf einem Stahlfundament, der die Moorsackung seit 1836 anzeigen soll. Rund 3 Meter hat das Donaumoos in dieser Zeit an Höhe verloren. Ein Teil davon ist auf den Torfstich zurückzuführen, ein anderer Teil durch die natürliche „Zersetzung“ des rein organischen Boden. Derzeit beträgt die Sackung 1 bis 2 cm im Jahr. Lösungen werden diskutiert, der Donaumoos-Zweckverband leistet hier wertvolle Arbeit. Neben teilweiser Wiedervernässung sind vor allem andere landwirtschaftliche Bewirtschaftungen im Gespräch. Das Thema ist sehr komplex, die Landkreispresse berichtet immer wieder von den Diskussionen. Viele wichtige Informationen dazu gibt es unter der Webadresse www.donaumoos-zweckverband.de.

Donaumoospegel in Ludwigsmoos 

 

Literatur und Quellen

Johann Kober / Auguste Schmid: Gemeinde Königsmoos. Jubiläumsfestschrift, Königsmoos 1995 (Gemeinde Königsmoos)

Kirchen im Donaumoos, Karlshuld 1987 (Reihe ’s Moos, Kulturhistorischer Verein Donaumoos)

Eigene Recherchen in kommunalen und staatlichen Archiven (vor allem Staatsarchiv Augsburg)

Eigene Recherchen in digitalisierten Druckwerken (z. B. über Google Books, Bavarikon, HathiTrust)

 

Fotos (soweit nicht anders vermerkt): Max Direktor

 

 

 




Familien- und Heimatforscher – offener Stammtisch für alle

Stammtisch Familien- und Heimatforscher – offen für alle

Der offizielle Name klingt inzwischen eigentlich zu bescheiden, denn die „Familien- und Heimatforscher Schrobenhausener Land“ haben Interesse weit über die Landkreisgrenzen hinaus geweckt, auch aus umliegenden Großstädten kommen Gäste und Referenten, die Lokalzeitungen berichten regelmäßig, auch TV Ingolstadt kommt gerne.

Eine wichtige Quelle für Familien- und Heimatforscher: die Briefprotokolle, die nicht nur vom Landgericht, sondern auch von Städten und Hofmarksgerichten geführt wurden. Sie dokumentieren u. a. Käufe von Häusern und Grundstücken, Hofübergaben, Eheverträge, Testamente und gelten somit als Vorläufer der Notariatsurkunden.

 

Forscher-Stammtisch – inzwischen der größte in Bayern

Als Forscherstammtisch sieht sich die Gruppe um Anna Probst, ein Verein hätte zu viel bürokratischen Aufwand erfordert. Sechs- bis achtmal pro Jahr treffen sich Interessenten in Lampertshofen zu Vorträgen, zum Erfahrungsaustausch, zur gegenseitigen Unterstützung und zu gemütlichem Zusammensein unter Gleichgesinnten. Dabei wird auch Neulingen oder weniger Erfahrenen der Einstieg in die Forschungstätigkeit erleichtert, z. B. durch Schreib- und Leseübungen. Daneben werden Exkursionen organisiert, sie führten zum Beispiel in umliegende Stadtarchive, in die Schlösser Neuburg und Sandizell und verschiedene Bibliotheken, ins Vermessungsamt Pfaffenhofen und Bistumsarchiv Augsburg.

Der Stammtisch ist inzwischen wohl der größte seiner Art in Bayern, rund 130 Adressen von Interessenten sind in der Mailingliste verzeichnet, rund 60 bis 90 Besucher kommen zu den Vortragsabenden – den Rekord hält ein Vortrag über die HIAG in Schrobenhausen mit 141 Besuchern.

Wie vielfältig die Themen und Tätigkeiten sind, lässt auch die Rubrik „Rückblick“ auf der Homepage des Stammtisches erkennen.

Das Programm ist ambitioniert und wird von vielen hochrangigen Referenten getragen, wie das hier präsentierte Jahresprogramm 2025 zeigt:

Der Unkostenbeitrag beträgt pro Jahr 5 Euro.

 

Vormerken: Schreib- und Lesekurse 2026

Die Kurse finden in Lampertshofen jeweils um 18.00 Uhr statt. Teilnahme ist für jeden möglich.

 

Jahresvorschau 2026

 

Wie alles begann

Im Herbst des Jahres 2000 traf sich auf Initiative der Familien- und Heimatforscher Anna Probst, Josef Ilg und Josef Huber eine kleine Gruppe Gleichgesinnter aus der Gegend um Schrobenhausen zu einem Gedanken- und Informationsaustausch. Dieses Treffen führte zur Gründung der Interessengemeinschaft Familien- und Heimatforscher Schrobenhausener Land. Seither ist der Interessentenkreis Jahr für Jahr gewachsen – und reicht inzwischen weit über die Landkreisgrenzen hinaus. Seit über 10 Jahren wird der Stammtisch von Anna Probst in Autenzell organisiert – unterstützt durch zahlreiche Stammtischmitglieder.

 

Kontakt und Homepage

Willkommen zu den Vortragsabenden ist jeder, der an den angebotenen Themen Gefallen findet. Die Teilnahme ist – abgesehen von 5 € jährlichem Unkostenbeitrag – kostenlos, eine Voranmeldung ist nicht erforderlich.

Homepage: Einen Überblick über die Tätigkeit und einen Rückblick auf das breite und reichhaltige Programm der letzten Jahre bietet die Homepage

http://www.ahnenforscher-schrobenhausener-land.de.

Hier finden sich auch Links zu den Berichten von TV Ingolstadt.

 

Veranstaltungsort: Gasthaus Felbermaier, Schützenstraße 4, 86562 Lampertshofen (Gemeinde Berg im Gau, Landkreis Neuburg-Schrobenhausen)

Kontaktadresse: Anna Probst

anna.probst@gmx.de
… oder einfach anrufen unter 08252 / 6043

 

Projekt Sterbebilder

Der Forscherstammtisch beteiligt sich sehr engagiert am Sterbebilderprojekt des Bayerischen Landesvereins für Familienkunde (BLF). Dort sind inzwischen rund 1,2 Millionen Sterbebilder erfasst worden, der Stammtisch hat einen hohen Anteil an diesem Erfolg. Seit 2013 hat Anna Probst (Administratorin beim Sterbebildprojekt) einen Durchzugsscanner vom BLF, daher besteht jederzeit die Möglichkeit, bei den Treffen oder auf Anfrage Sterbebilder einzuscannen.

Sterbebilder bieten nicht nur zahllose familien- und ortsgeschichtliche Informationen, sie spiegeln Erinnerungskultur und Volksfrömmigkeit, bieten aber auch zeitgeschichtliche Bezüge über die Sterbebilder der Gefallenen der Weltkriege. Familienforscher bedauern, dass in den letzten Jahren auf den Sterbebildern keine Geburts- und Sterbeorte mehr angegeben werden, was Recherchemöglichkeiten enorm erschwert.

 

Forschungsmöglichkeiten für Landkreis und Region

Für unseren Landkreis wurden bisher außergewöhnlich viele Sterbebilder eingescannt. Eine zahlenmäßige Abschätzung ist schwierig, es werden auf jeden Fall „Zehntausende“ sein. Gespeichert sind die Scans beim Landesverein für Familienkunde

Bayerisches Sterbebilderprojekt | Bayerischer Landesverein fuer Familienkunde e.V. (blf-online.de)

Die Recherche ist für jedermann und über alle gescannten Bilder möglich, die auf den Bildern befindlichen Daten werden für alle zur Verfügung gestellt. Mitglieder des Landesvereins können auch Scans der Bilder erhalten, allerdings nur von Bildern vor 1953 – wegen der Urheberrechte an der Bildgestaltung.

 

 

 

 

 

 




Ortschaftenverzeichnisse als hervorragende lokalgeschichtliche Quelle

Ortschaftenverzeichnisse gehören zu den bedeutendsten orts- und sozialgeschichtlichen Quellen. Sie wurden von 1877 bis 1991 zunächst vom Königlich Bayerischen Statistischen Bureau, ab 1920 vom Bayerischen Statistischen Landesamt herausgegeben. Sie enthalten nicht nur Daten zu den einzelnen Gemeinden, sondern auch zu deren Ortsteilen, also den einzelnen Dörfern, Weilern und Einöden. Alle diese Ortschaftenverzeichnisse sind inzwischen online nutzbar.

Beispiel 

Volkszählung 1900 (Ortschaftenverzeichnis 1904)

Abkürzungen

Gem. = Gemeinde, Ldg. = Landgemeinde, Pfd. = Pfarrdorf, D. = Dorf, E. = Einöde, W. = Weiler

Einw. = Einwohner, Wgb. = Wohngebäude, ha = Hektar

Pf. = Pfarrei, K. = Katholiken,  k. = katholisch, Pr. = Protestanten, pr. = protestantisch, Dek. = Dekanat

P. = Pferde, Rv. = Rindvieh, Schw. = Schweine, Sch. = Schafe, Z = Ziegen

Ausführliche Abkürzungsverzeichnisse befinden sich am Anfang des jeweiligen Bandes.

Bezeichnungen

Die Benutzung wird vereinfacht, wenn man sich mit folgenden Informationen vertraut macht.

Bezirksämter (seit 1862) waren die unteren staatlichen Verwaltungseinheiten, sie wurden 1939 in „Landkreise“ umbenannt.

Kreise (seit 1808) waren die regionalen Verwaltungseinheiten, sie wurden 1939 in Regierungsbezirke umbenannt.

Kreisunmittelbare (auch unmittelbare) Städte waren größere oder bedeutendere Städte, die direkt dem „Kreis“ unterstanden und nicht einem Bezirksamt (für unseren Landkreis nur die Stadt Neuburg).

Kreisfreie Städte: Nach der Umbenennung der Bezirksämter in Landkreise Städte, die nicht direkt dem Landkreis untergeordnet („kreisfrei“) waren, sondern dem Regierungsbezirk.  Für unseren Landkreis nur die Stadt Neuburg, die von 1940 bis 1948 nicht kreisfrei war und seit 1972 nicht mehr ist.

 

Kreisunmittelbare bzw. kreisfreie Städte werden in den Bänden unter eigenem Gliederungspunkt aufgeführt.

 

Zugehörigkeit zu Regierungsbezirken

Das Bezirksamt bzw. der Landkreis Neuburg gehörte bis 1972 zum Kreis bzw. Regierungsbezirk Schwaben. Das Bezirksamt bzw. der Landkreis Schrobenhausen gehörte durchgehend zu Oberbayern. Seit 1972 gehört der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen zu Oberbayern.

 

Bayernweite Daten

Im ersten Teil finden wir jeweils bayernweite statistische Überblicke, eine Übersicht der Hof- und Staatsverwaltung und der Ministerien, dabei auch eine Übersicht über die Distriktsgemeinden, die Organisation des Schulwesens, über die staatlichen Behörden wie Amtsgerichte, Rent- bzw. Finanzämter, Vermessungsämter, die Gliederung der Bayerischen Armee (vor 1918) – und für die Recherche wichtig: auch die territorialen Änderungen der einzelnen Bezirksämter bzw. Landkreise. Außerdem finden sich in den Ortsverzeichnissen ab 1928 Karten zur Verwaltungsgliederung Bayerns.

 

Lokale Informationen

Das findet man zum Beispiel  in den Ortschaftenverzeichnissen (nicht alle genannten Daten wurden durchgehend erhoben):

  • Gemeinde mit allen Ortsteilen (Dörfer, Weiler, Einöden)
  • Gebietsgröße
  • Einwohnerzahlen (auch Konfessionen)
  • Zahl der Gebäude
  • Viehstand: Pferde, Kühe, Schweine, Schafe, Ziegen
  • Zugehörigkeit zu Pfarreien und Schulen
  • Bahnstationen und Postagenturen

 

Ortsregister

Das ausführliche Ortsregister listet alle Orte Bayerns auf und ermöglicht das Auffinden im jeweiligen Band. Es erleichtert auch das Auffinden von unbekannten Orten bzw. Orten ähnlicher oder gleicher Schreibweise.

 

Bände

Die einzelnen Bände der Ortschaften- bzw. Ortsverzeichnisse werden über die Bayerische Landesbibliothek Online zur Verfügung gestellt …. hier

Dort findet sich auch eine ausführliche Darstellung der statistischen Erhebungen und ihrer wissenschaftlichen Bedeutung.

 

Folgende Bände sind erschienen (Datenerhebung, in Klammer Erscheinungsjahr):

1875 (1877), 1883/85 (1888), 1900 (1904),  1925/28 (1928), 1959/52 (1952), 1961(64 (1964), 1970/73 (1973), 1970/78 (1978), 1987/90 (1991).

 

Bedeutung

Die Landesbibliothek Online schreibt über die wissenschaftliche Bedeutung der Ortsverzeichnisse:

„Die amtlichen Ortsverzeichnisse stellen mit ihren umfassenden statistischen Daten eine umfangreiche und zugleich äußerst verlässliche Quelle zur Siedlungs- und Bevölkerungsentwicklung der jüngeren bayerischen Landesgeschichte und der Zeitgeschichte dar.

Darüber hinaus sind die früheren Ortsverzeichnisse bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wegen ihrer detaillierteren und teils umfangreichen Statistiken eine wichtige Quelle für die bayerische Wirtschafts-, Sozial- und Religionsgeschichte.

Schließlich leisten die amtlichen Ortsverzeichnisse als Nachschlagewerke nicht nur für Ortsnamenforscher, sondern auch für jeden an der jüngeren bayerischen Verwaltungs- und Ortsgeschichte Interessierten unverzichtbare Dienste.“

 

 

 

 




Karlshuld – eine Postkarte erzählt

Eine persönliche Vorgeschichte: Ich habe diese Postkarte vor Kurzem wiederentdeckt, ich habe sie vor einigen Jahren gekauft, für eine so alte Karte durchaus günstig. Ich bin kein Kartensammler, besitze nur ganz wenige alte Ansichtskarten, fast alle über das Donaumoos. Kein Wunder, denn ich bin hier geboren und aufgewachsen, nur wenige Kilometer von Karlshuld entfernt. Eine sehr spannende Karte, denke ich, mit der man sehr viel erzählen kann – zur Geschichte Karlshulds und des Donaumooses, das seit Ende des 18. Jahrhunderts trocken gelegt und besiedelt wurde.

 

Datierung der Karte

Auf der Rückseite eindeutig 1907. Stempel vom 17. und 18. März 1907 („07“).

Karlshuld um 1900

Karlshuld, im Donaumoos gelegen – im Jahr 1907 gehört die Gemeinde zum Bezirksamt Neuburg (ab 1939 Landkreis Neuburg genannt). Das Ortschaften-Verzeichnis des Königlich Bayerischen Statistischen Bureaus von 1904 gibt detailliert Auskunft. Die Gemeinde besteht aus zwei Ortsteilen, nämlich Karlshuld und Kleinhohenried. Der heutige Ortsteil Neuschwetzingen gehört zu dieser Zeit zur Gemeinde Untermaxfeld, Grasheim bildet eine eigene Gemeinde. Die Gemeinde Karlshuld hat 1.350 Einwohner, davon 1.236 Katholiken, 109 Protestanten. Sie ist damit die größte Landgemeinde im Bezirksamt Neuburg. Karlshuld ist Sitz einer katholischen und einer protestantischen Pfarrei und besitzt insgesamt drei Schulen, eine katholische Knaben- , eine katholische Mädchenschule sowie eine protestantische Schule. Seit 1893 hat Karlshuld eine eigene Postagentur.

Farblithographie – ein Meisterwerk der Druckkunst

Farbdrucke aus dieser Zeit sind noch selten und basieren auf einer speziellen Drucktechnik, sie werden Farb- oder Chromolithographien genannt. Grundlage des Drucks ist also die Lithographie, die von Alois Senefelder (1771-1834) erfunden und im Lauf des 19. Jahrhundert immer weiter vervollkommnet wurde. Sie beruht auf dem Prinzip, dass sich Öle und Fette nicht mit Wasser mischen. Gedruckt wird im Flachdruckverfahren mittels eines Steins, meist einer Solnhofener Platte, der mit fetthaltiger Farbe präpariert wird. Für eine farbige Lithographie mussten mehrere  Steine für die einzelnen Farben präpariert werden, meist 6 Steine oder auch deutlich mehr. Diese Art des Farbdrucks lässt sich auf unserer Karte am besten durch den Blauton des Himmels nachvollziehen, der bei allen Motiven identisch ist. Der Druck war also sehr aufwendig, die Karten waren entsprechend teuer.

Die Chromolithographie war von rund 1890 bis 1920 ein sehr erfolgreiches Farbdruckverfahren. Später wurde diese Drucktechnik durch ein anderes Flachdruckverfahren abgelöst, den Offsetdruck, bei dem alle Bilder in Raster und vier Druckfarben aufgelöst werden.

Die Mitteilung

Die Karte richtet sich an den Kaufmann Joseph Schöpf in Pfaffenhausen bei Mindelheim. Der Text lautet wie folgt:

Geehrtester Herr Schöpf, ich gratuliere Sie („Ihnen“) zum hl. Namensfest u(nd) wünsche Ihnen alles Gute, besonders Gesundheit u(nd) in allem Glück u(nd) Segen u(nd) einstens den Him(m)el. Herr Schöpf, ich danke Ihnen bei dieser Gelegenheit für alle Schritte und für alles Gute, das Sie mir in Ihrer aufrichtigen Liebe gethan haben, ich kann es Ihnen nicht anders vergelten, als (dass) ich Sie mein Lebenlang täglich in mein armseliges Gebet einschließe u(nd) Gott bitte, Er, der alles tausendfach vergült, auch Sie belohne, jetzt und in Ewigkeit. Es würde mich recht freuen, wenn Sie mir ein paar Zeilen schreiben. Auch Schw(ester) Oberin wünscht Ihnen alles Gute …

Am Rand links: Gruß an Frau Schw(ester). Ich verbleibe Ihre dankbare Schw(ester) Kasimira

Geschrieben wurde die Karte also auf jeden Fall von einer Ordensfrau, wohl von der St.-Josephs-Kongregation. Der Name der Schwester wird mit Kasimira übertragen. Die Lesung ist aber schwierig. Die Schwester gratuliert dem „Joseph“ Schöpf zum Namensfest, in diesem Fall der Josephstag am 19. März. Der Namenstag war in der katholischen Bevölkerung bis weit ins 20. Jahrhundert deutlich wichtiger als der Geburtstag. Erstaunlich die Geschwindigkeit des Transports: In Karlshuld am 17. März abgestempelt, in Pfaffenhausen bereits am 18. So dürfte die Karte den Empfänger auf jeden Fall rechtzeitig erreicht haben. Transportiert wurde die Karte mit der Eisenbahn, in diesem Fall wohl vom nahen Niederarnbach aus.

Die Motive

Die Karte vereint die wohl wichtigsten Motive Karlshulds in dieser Zeit. Man könnte viel mehr darüber schreiben, ich will mich auf das Wesentlichste beschränken.

Kirche und Pfarrhof. In der frühen Gründungsphase Karlshulds musst als katholische Kirche eine Bretterkirche ausreichen. Nach einem persönlichen Besuch König Ludwigs I. wurde versprochen, eine aus Stein errichtete Kirche zu stiften. Er beauftragte mit der Planung keinen Geringeren als Friedrich von Gärtner (1791-1847), neben Leo von Klenze der bedeutendste bayerische Baumeister seiner Zeit, der Bau wurde in den Jahren 1832-1835 realisiert.

Knaben- und Mädchenschule. Der Unterricht von Knaben und Mädchen wurde in Karlshuld in der Mitte des 19. Jahrhunderts getrennt. Neue Schulbauten entstanden und wurden laufend erweitert und saniert. Die Karlshulder Knabenschule wurde abgerissen, nachdem 1966 ein großes modernes Schulhaus  fertiggestellt worden war. Die Mädchenschule wurde von den „Armen Schulschwestern“ geleitet, die im Jahr 1858 nach Karlshuld kamen und bis 1961 blieben. Im Gebäude der Mädchenschule befindet sich heute das Rathaus.

Korbfabrik und Klosterwirtschaft. Die Gemeinde Karlshuld war bis weit ins 20. Jahrhundert eine arme Gemeinde. Den meisten Siedlern waren viel zu kleine Gründe zugeteilt worden, von denen man nicht leben konnte. Als Nebenerwerb war die Weiden-Korbflechterei verbreitet. Im Jahr 1894 wurde die „Korbindustrie-Genossenschaft“ gegründet, um neue Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. Hergestellt wurden „Spankörbe“, vor allem für Versandzwecke. Die Geschäfte liefen nicht wie erwartet – und so wurde die Korbfabrik im Jahr 1897 von Pfarrer Dominikus Ringeisen in Ursberg erworben, der an verschiedenen Standorten Einrichtungen zur Pflege von Behinderten wie Blinden und Taubstummen und kranken Personen unterhielt. Die von Ringeisen gegründete St.-Josephs-Kongregation erwarb im Jahr 1898 von Freiherrn von Pfetten in Niederarnbach das nebenstehende Gebäude samt Gastwirtschaft und baute es in ein Kloster mit angeschlossener Klosterwirtschaft um, Schwestern der Kongregation zogen ein.

Da sich der Betrieb der Fabrik nach dem Ende des Ersten Weltkriegs nicht mehr rentierte, wurden Korbfabrik und Klosterwirtschaft 1921 an den Bayerischen Staat verkauft. Die ehemalige Korbfabrik wurde zur Saatgutreinigungsanlage umgebaut, die Klosterwirtschaft verpachtet. Im Jahr 2019 wurde die Klosterwirtschaft nach mustergültiger Sanierung mit einer angegliederten Pension wiedereröffnet.

Dampfdreschmaschine. Auf der Karte rechts unten bei näherem Hinsehen: eine Dreschmaschine, angetrieben von einer Lokomobile, einer beweglichen Dampfmaschine. Man wollte damit sicher dokumentieren, dass Karlshuld „auf der Höhe der Zeit“ und dem Fortschritt aufgeschlossen war, wenn auch für viele kleinere Höfe das Dreschen mit Dreschflegeln zu dieser Zeit sicher noch verbreitet war.

Jugendstil. Die roten geschwungenen Linien zwischen den Bildern sind Ausdruck der zeitgenössische Kunstrichtung des Jugendstil.

 

Die Rückseite der Karte

Die Rückseite der Karte enthält die Adresse des Empfängers:

An Herrn Joseph Schöpf, Kaufmann, Pfaffenhausen Post daselbst, bei Mindelheim in Schwaben

„Postkarte“. Mehr zur Geschichte der Postkarte finden Sie auf unserer Homepage hier. Ganz kurzer Überblick: Postkarten verbreiten sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Ansichtskarten durften zunächst nur auf der Vorder-, also der Bildseite beschrieben werden, erst im Jahr 1905 wurden Karten zugelassen, bei denen die Adress-Seite geteilt war, also auch einen Raum für Mitteilungen zur Verfügung stellte.

Rechts oben eine „bayerische“ Briefmarke aus der weit verbreiteten „Wappenserie“. Bei genauerem Hinsehen bemerkt man, dass das Wappen leicht „geprägt“ wurde. Obwohl Bayern seit 1871 dem Deutschen Reich angehörte, hatte es sich „Reservatrechte“ gesichert, unter anderem die Organisation des Post- und Telegraphenwesens. Gestempelt wurde die Karte am 17. und 18. Mrz. (März) 07 (1907). – Spekulieren können wir, warum die Briefmarke auf dem Kopf steht. Das könnte Zufall sein, möglicherweise aber auch „Briefmarkensprache“, die gerade auch zu dieser Zeit weit verbreitet war. Die mehr oder weniger „geheimen“ Mitteilungen schräg oder gedreht aufgeklebter Marken waren nie genau definiert. Eine auf dem Kopf stehende Briefmarke konnte aber bedeuten „schreibe mir“, wäre also eine Verstärkung des von der Schreiberin auf der Karte geäußerten Wunschs gewesen.

Verlagsangabe

Auf der Vorderseite unten in leichtem Blau und deshalb nur schwer erkennbar: „Heliocolorkarte von Ottmar Zieher München“. Über Ottmar Zieher gibt es einen Wikipedia-Eintrag, nämlich hier.

Eine Reihe von Informationen wurde der Festschrift von Uwe Kühne: Karlshuld. Ein Rückblick auf 200 Jahre Geschichte entnommen.




Donaumoos – Geschichte digital

Das Donaumoos, das größte Niedermoor Süddeutschlands, wurde seit Ende des 18. Jahrhunderts entwässert und besiedelt. In den Quellen heißt es oft auch „Schrobenhausener Moos“, weil es vom Donaumooslehengericht – in Personalunion mit dem Schrobenhausener Landrichter – verwaltet wurde. Seit der Gründung des Fürstentums Pfalz-Neuburg im Jahr 1505 ging die Grenze zum Fürstentum Bayern mitten durch das Donaumoos. Mit dem Aussterben der männlichen Linie in München im Jahr 1777 vereint Kurfürst Karl-Theodor (1724-1799), aus einer pfalz-neuburgischen Seitenlinie und bis dahin in Mannheim residierend, die wittelsbachischen Gebiete wieder in einer Hand. Mit dieser Vereinigung wird auch die Entwässerung und Besiedlung des Donaumooses in Angriff genommen. Die Besiedlung  beginnt mit den Gründungen von Karlskron 1791 und Karlshuld 1795. Das obere Moos wurde erst im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts erschlossen und besiedelt. Mit der Kultivierung des Donaumooses kam auch eine größere Zahl von Protestanten in unser Gebiet.

Eine aktuelle Recherche im November 2022 ergab, dass digital außer historischen Artikeln auf den Homepages der Donaumoos- und Kirchengemeinden und Wikipedia sehr wenig über das Donaumoos im Landkreis zu finden ist. Wir wollen dem abhelfen und zunächst beginnen mit dem, was digital greifbar ist. Weitere Digitalisate werden folgen. Ein Überblick über die Geschichte des Donaumooses ist in Arbeit.

 

Frühe Bodenkultivierung – ein Beitrag zur Umwelt- und Sozialgeschichte

Auf der Homepage der Universität Erlangen befindet eine in unserem Landkreis offensichtlich weitgehend unbekannte und ziemlich aktuelle Arbeit, nämlich die Masterarbeit von Vera Seeburg: Bodenkultivierung im Donaumoos. Ein Beitrag zur Umwelt- und Sozialgeschichte zwischen 1780 und 1830.

Als ausgezeichnete Masterarbeit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) wurde sie 2021 von der „FAU University Press“ veröffentlicht. Da die Nutzungsrechte über Creative Commons freigegeben wurden, präsentieren wir sie hier zum Download.

Nähere Informationen dazu unter

http://opus4.kobv.de/opus4-fau/frontdoor/index/index/docId/17848

Parallel dazu erschien die Arbeit als Druckausgabe bei FAU University Press, ISBN: 978-3-96147-467-7. Sie kann über den Buchhandel bezogen werden oder direkt bestellt werden unter dem Erscheinungsjahr 2021:

https://www.university-press.uni-erlangen.de/verlagsprogramm/programm-nach-erscheinungsjahr.php

 

Donaumoos-Kulturs-Geschichte – ein Klassiker aus dem Jahr 1795

Das untere Donaumoos war bereits trocken gelegt und im Jahr 1791 Karlskron gegründet worden, die Gründung von Karlshuld ist noch im Gange – da erscheint 1795 die zeitgenössische Arbeit „Aktenmäßige Donaumoos-Kulturs-Geschichte“ im Druck. Noch heute ist sie ein Klassiker über die Trockenlegung und frühe Besiedlung des Donaumooses. Verfasser ist Georg Freiherr von Aretin. Im Jahr 1770 in Ingolstadt geboren, machte sich Aretin seit 1793 als Administrator des Donaumoosgerichts Karlskron um die Trockenlegung des Donaumooses verdient. 1796 wurde er Hofkammerrat, 1799 Landesdirektor in Amberg, 1806 Straßen- und Wasserbauinspektor in Tirol. Aretin starb 1845 in München.

Aus dem Inhalt: Geographische Lage des Donaumooses – Name und Ursprung – Gewässer – Gewächse und Tiere – Hindernisse der Donaumooskultur – Geschichte der gegenwärtigen Mooskultur – Beginn der Trockenlegung – Anlage von Kanälen, Dämmen und Straßen – Kolonien im unteren Moose – das neue Moosgericht Karlskron. Im Zweiten Teil werden auch viele zeitgenössische Einwürfe diskutiert – Aretin zeigt sich hier als vehementer Befürworter und Verteidiger der getroffenen Maßnahmen. Dieser Teil zeigt, wie kontrovers die Kultivierung in dieser Zeit diskutiert wurde, und gibt gerade damit einen tiefen Einblick in die gesellschaftlichen und landwirtschaftlichen Diskussionen und Bestrebungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts.

Das vielleicht ansprechendste Digitalisat ist das Exemplar der Staatsbibliothek Bamberg. Das Werk (186 MB) kann über das Münchener Digitalisierungszentrum heruntergeladen werden, nämlich hier

 

Briefe über das Donaumoor – noch ein Klassiker aus dem Jahr 1795

Im gleichen Jahr erscheinen – im gleichen Mannheimer Verlag – in Briefform die „Naturhistorischen und ökonomischen Briefe über das Donaumoor“.  Autor ist Franz von Paula Schrank.

Franz von Paula Schrank, geboren 1747 in Vornbach (Landkreis Passau), war ein bedeutender deutscher Botaniker und Insektenforscher. Er trat zunächst dem Jesuitenorden bei, wurde nach dessen Aufhebung zum Priester geweiht und 1776 in Wien zum Doktor der Theologie promoviert. Im gleichen Jahr wurde er Professor für Mathematik und Physik am Lyzeum in Amberg, ab 1784 ist er Professor der Universität Ingolstadt, ab 1800 der Universität Landshut mit den Schwerpunkten Landwirtschaft, Bergbau, Forstwirtschaft und Naturgeschichte. Zwischen 1809 und 1832 war Schrank der erste Direktor des Alten Botanischen Gartens in München. Franz von Paula Schrank verfasste eine Vielzahl naturwissenschaftlicher Schriften. Er starb im Jahr 1835.

Aus dem Inhalt: Schrank beschreibt das Donaumoos aus verschiedenen Perspektiven. Einerseits dokumentiert er in seinen botanischen Beschreibungen die vorkommenden Pflanzen, daneben auch das Tierreich des Donaumooses. Zur weiteren Kultivierung entwickelt er eine Reihe von Vorschlägen, sie spiegeln nicht zuletzt auch die zeitgenössischen Diskussionen um die Verbesserung der Landwirtschaft, zum Beispiel um Viehhaltung, Viehweide, Stallfütterung, Düngung oder Pflanzung von Bäumen. Interessant auch seine Vorschläge zur Abschaffung der Brache. Immerhin war zu seiner Zeit die Dreifelderwirtschaft vorherrschend, das heißt jedes Feld lag in jedem dritten Jahr brach. Seine Theorie: Die Brache diene der Erholung des Bodens, die aber auch mit anderen Mitteln erreicht werden könne, zum Beispiel durch Anbau von Klee, aber auch von Kartoffeln und Rüben.

Wir verlinken auf ein gut erhaltenes Exemplar der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Download hier

 

 

Weitere Verlinkungen sind in Vorbereitung




50 Jahre Landkreis Neuburg-Schrobenhausen

Landkreis Neuburg-Schrobenhausen: Drei Landschaftsformen - Blick vom Tertiären Hügelland bei Berg im Gau über das Donaumoos - im Hintergrund die Fränkische Alb

Drei Landschaftsformen – Blick vom Tertiären Hügelland bei Berg im Gau über das Donaumoos – im Hintergrund die Fränkische Alb

Der folgende Text wurde für die Broschüre „Unser Landkreis Neuburg-Schrobenhausen“ verfasst, die im Jahr 2022 anlässlich des 50-jährigen Landkreisjubiläums erschienen ist. Aufgrund  des vorgegebenen maximalen Seitenumfangs musste sich der Artikel auf das Allerwesentlichste beschränken. Es ist geplant, ihn im Lauf der Zeit zu erweitern.

50 Jahre – ein rundes Jubiläum

Am 1. Juli 1972 trat in Bayern die Landkreisgebietsreform in Kraft, unser Landkreis wird also – wie andere bayerische Landkreise auch – im Jahr 2022 runde 50! Aus den 143 bayerischen Landkreisen wurden 71 größere gebildet, vor allem um leistungsfähigere Einheiten zu schaffen. Lange vorher wurde die Neueinteilung diskutiert. Die Zusammenlegung von Eichstätt und Neuburg war in der engeren Diskussion, ebenso die von Pfaffenhofen und Schrobenhausen. Schließlich wurden die ehemaligen Landkreise Neuburg und Schrobenhausen zu einem neuen Landkreis vereint. Beide Altlandkreise mussten größere Gebietsverluste hinnehmen. So verlor Schrobenhausen im Südosten Gebiete an Pfaffenhofen (mit dem Markt Hohenwart), Neuburg im Westen an das Donau-Ries (mit der Stadt Rain) und im Südwesten an die Landkreise Aichach-Friedberg und Augsburg.

Der Landkreis hieß ab 1. Juli 1972 zunächst Landkreis Neuburg a. d. Donau und trägt seit 1. Mai 1973 den Namen „Landkreis Neuburg-Schrobenhausen“. Kreissitz wurde Neuburg, gleichzeitig verlor die Stadt ihre Funktion als kreisfreie Stadt. Als „Große Kreisstadt“ erhielt sie jedoch eine Reihe von Aufgaben, die sonst dem Landkreis zustehen. Mit der Landkreisgebietsreform kam der Raum Neuburg von Schwaben nach Oberbayern.

 

Blick in die Erdgeschichte

Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen vereinigt ganz unterschiedliche Landschaftsformen. Der Süden liegt in den Ausläufern des Tertiären Hügellands, das durch die Aufwölbung der Alpen entstanden ist, die im Zeitalter des Tertiär vor rund 70 Millionen Jahren einsetzte. Im Westen bilden Schotterablagerungen auf tertiärem Unterbau die Aindlinger Terrassentreppe.

Im Norden finden wir den Fränkischen Jura, der sich vor 100 bis 200 Millionen Jahren aus Ablagerungen des Jurameers bildete. Auf einem Ausläufer des Jura liegt die Neuburger Altstadt.

Prägend für die Landschaft ist für unseren Landkreis vor allem die Donau. Die Urdonau floss nördlich von Rennertshofen zunächst nach Norden zur Altmühl, später durch das Schuttertal. Vor rund 70.000 Jahren verlagerte sie nach einem Durchbruch bei Stepperg ihren Lauf weiter nach Süden und schuf so das heutige Donautal. Die Donau durchströmte mit ihren großen Wassermassen nun auch das Gebiet des heutigen Donaumooses und räumte die Landschaft großflächig aus. Vor rund 10.000 Jahren unterbrachen aufgeschüttete Niederterrassen den Zufluss der Donaumoosbäche zur Donau, die Vermoorung begann. Als größtes Niedermoor Süddeutschlands war das Donaumoos bis Ende des 18. Jahrhunderts ein weitgehend unzugänglicher Sumpf, der zu zwei Fürstentümern gehörte.

 

Kelten, Römer, Germanen

Unsere Gegend ist seit der Altsteinzeit besiedelt, vor allem die Flussläufe lockten Jäger und Sammler an – aber auch das Donaumoos. Zahllose Funde aus der Bronzezeit bis zur keltischen Eisenzeit bezeugen die dauerhafte Besiedlung unseres Raums. Als die Römer nach 15 v. Chr. bis zur Donau vorstießen, später ihr Gebiet nach Norden ausdehnten, entstanden Römersiedlungen wie in Burgheim oder Kastelle wie auf dem Neuburger Stadtberg. Römische Gutshöfe sind hier nachgewiesen, außerdem Römerstraßen, die römische Orte und Kastelle verbanden. Nach dem Abzug der Römer beginnt die moderne Besiedlung durch das Vordringen germanischer Stämme, die sich mit der ansässigen Bevölkerung zu den Volksstämmen der Bayern östlich und der Schwaben westlich des Lech entwickelten.

 

Herzöge, Landgerichte, Städte

Unser Gebiet gehörte zunächst zum Stammesherzogtum Bayern. Königsgut lässt sich hier nachweisen, Besitz der Kirche und von Klöstern und nicht zuletzt des Adels.

Allmählich bilden sich Zentren heraus, zunächst als Märkte, dann als Städte. Eine der ältesten Stadtnennungen in Bayern ist für Neuburg bereits 1214 nachgewiesen, Schrobenhausen wird 1447 zum ersten Mal als Stadt bezeichnet. Um diese Zentren bilden sich herzogliche Landgerichte, so das Landgericht Neuburg ab 1294, das Landgericht Schrobenhausen um 1421. Seit Ende des 12. Jahrhundert war unser Gebiet immer mehr in den Herrschaftsbereich der Wittelsbacher gekommen, durch Landesteilungen kam es im Jahr 1392 zum Herzogtum Bayern-Ingolstadt und im Jahr 1447 zum Herzogtum Bayern-Landshut. Nach dem Ende des Landshuter Erbfolgekrieges trennte sich die Geschichte der beiden Landgerichte für drei Jahrhunderte: Schrobenhausen kam zum Herzogtum Bayern mit der Residenzstadt München, Neuburg wurde zunächst Residenz des 1505 neu geschaffenen, zerklüfteten Fürstentums Pfalz-Neuburg, das sich nach einer wechselvollen Geschichte in die Kurpfalz und die niederrheinischen Herzogtümer Jülich und Berg ausdehnte, so dass bedeutende Städte wie Heidelberg, Mannheim und Düsseldorf zum Herrschaftsgebiet gehörten.

 

Donaumoos – späte Besiedelung

Mit dem Aussterben der männlichen Linie in München im Jahr 1777 vereint Kurfürst Karl-Theodor (1724-1799), aus einer pfalz-neuburgischen Seitenlinie und bis dahin in Mannheim residierend, die wittelsbachischen Gebiete wieder in einer Hand. Mit dieser Vereinigung beginnt auch die Entwässerung und Besiedlung des Donaumooses, des größten Niedermoors Süddeutschlands – ein bis dahin zum größten Teil weitgehend unzugänglicher Sumpf. Die Besiedlung  beginnt mit der Gründung von Karlskron 1791 und Karlshuld 1795. Das obere Moos wurde erst im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts erschlossen und besiedelt. Mit der Kultivierung des Donaumooses kam auch eine größere Zahl von Protestanten in unser Gebiet.

 

Bezirksämter – Landkreise

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde Bayern nach französischem Vorbild in „Kreise“ eingeteilt, die Vorläufer der heutigen Regierungsbezirke. Von 1817 an kamen die Landgerichte Neuburg und Schrobenhausen zum Oberdonaukreis, dem Vorläufer des heutigen Schwaben. Im Jahr 1838 trennten sich die Wege: Schrobenhausen kam zu Oberbayern, Neuburg zum Kreis „Schwaben und Neuburg“. Im Jahr 1852 war mit den Distrikten der Distriktsrat geschaffen worden, der mit – für heutige Verhältnisse – bescheidenen Selbstverwaltungsrechten ausgestattet war und als Vorläufer des heutigen Kreistags gelten kann. Jahrhunderte lang waren Landgerichte Gerichts- und Verwaltungsbehörden in einem gewesen. Mit der Trennung von Justiz und Verwaltung im Jahr 1862 entstanden als reine Verwaltungsbehörden nun die Bezirksämter, für unseren Raum die Bezirksämter Neuburg und Schrobenhausen, für die Beurkundung von Rechtsgeschäften wurden Notariate geschaffen. Im Jahr 1919 wurde das Wahlrecht auch auf der Ebene der Bezirke demokratisiert – auch Frauen durften nun zum ersten Mal wählen. Im Jahr 1939 wurden die Bezirksämter in Landratsämter umbenannt, aus dem Bezirksamtmann wurde der Landrat. Diese Bezeichnungen wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beibehalten.

 

Drei, die jeder kennt

Viele allgemein bekannte Persönlichkeiten gingen aus dem Landkreis hervor. Stellvertretend für die Landkreisteile sollen hier drei genannt werden. Für den Neuburger Raum steht vielleicht wie kein zweiter Pfalzgraf Ottheinrich (1502-1559), der das Neuburger Schloss zu einem imposanten Residenzschloss ausbaute und Regent des Fürstentums Pfalz-Neuburg, ab 1556 Kurfürst in Heidelberg war. Für den mittleren Teil des Landkreises, das Donaumoos, steht Max von Pettenkofer (1818-1901), der als Begründer der modernen Hygiene in München tätig war, schließlich für den südlichen Landkreis der in Schrobenhausen geborene Franz von Lenbach (1836-1904), der sich vom Sohn eines Stadtbaumeisters zu einem der bedeutendsten deutschen Porträtmaler des späten 19. Jahrhunderts entwickelte.

 

Dynamischer Landkreis

Der Landkreis umfasst nach der Gemeindegebietsreform in den 1970er Jahren 18 Kommunen, davon zwei Städte und zwei Märkte. Heute ist der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen ein eher kleiner, aber ein sehr dynamisch wachsender Landkreis – die Bevölkerung hat seit der Gebietsreform um rund 35 % zugenommen. Grund dafür ist seine  Lage im Herzen Bayerns, eine leistungsfähige Wirtschaft mit vielen weltweit tätigen Industriebetrieben und sicher auch die Nähe zur Boom-Region Ingolstadt.

 

Entwicklung der Einwohnerzahlen

Jahr Einwohner
1970 73.438
1987 76.493
2005 91.181
2010 91.397
2015 94.654
2021 98.516